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22.04.2022 | Johanniter-Krankenhaus Duisburg-Rheinhausen

Acht von zehn Deutschen mit Venenveränderungen - Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Facharzt-Interview zum Deutschen Venentag am 23.04.2022

Bildquelle: S. Kalkmann
Der Ultraschallkopf verrät ganz schnell, ob ein behandlungsbedürftiges Venenleiden vorliegt. Die Untersuchung ist völlig schmerzfrei und gibt dem Untersucher und Patienten eine klare Antwort darauf, ob eine Operation notwendig ist oder nicht.
Dr. med. Alexander Meyer ist Chefarzt der Chirurgischen Klinik I im Johanniter-Krankenhaus Rheinhausen. Die Fachklinik ist auch auf Gefäßchirurgie spezialisiert und gehört dem zertifizierten regionalen Shuntzentrum an.

Venenleiden gehören zu den häufigsten Erkrankungen. Allein in Deutschland weisen acht von zehn Menschen mehr oder weniger starke Venenveränderungen auf. Circa fünf Millionen Menschen sind sogar von einer chronischen Venenerkrankung betroffen – Krampfadern, medizinisch Varizen genannt, treten dabei am häufigsten auf. Zum 20. Venentag der Deutschen Venen-Liga am 23. April 2022 informiert das Johanniter-Krankenhaus Duisburg-Rheinhausen über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Venenleiden.  
Sechs Fragen an Dr. med. Alexander Meyer, Chefarzt der Chirurgischen Klinik für allgemeine Chirurgie, Viszeral- und Gefäßchirurgie im Johanniter-Krankenhaus Duisburg-Rheinhausen.

Herr Dr. Meyer, sind eher Männer oder Frauen von Venenleiden betroffen?
Venenveränderungen zeigen sich meist früh – bei Frauen etwa zwischen dem 20. und 30. und bei Männern zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Sie nehmen jedoch im Alter nochmals an Häufigkeit zu, wie mit der Bonner Venenstudie aus den Jahren 2002 / 2003 nachgewiesen wurde.
Krampfadern bei Männern sind keine Seltenheit. So soll etwa jeder fünfte Mann an Varizen leiden. Zudem wiegen Krampfadern bei Männern oft schwerer als bei Frauen.

Varizen können beide Geschlechter betreffen, wobei Frauen deutlich öfter Probleme mit den krankhaft erweiterten Venen haben. Fast doppelt so viele Frauen wie Männer sind betroffen. Schwere Befunde kommen allerdings dennoch bei beiden gleich häufig vor, wie eine Datenanalyse des Robert-Koch-Instituts im Jahr 2009 ergab.

Was sind die Ursachen für Venenleiden? Wodurch entstehen Krampfadern?
Diese Faktoren begünstigen die Entstehung von Venenleiden bzw. Krampfadern:
•    Beeinträchtigung des Blutflusses z. B. durch Bewegungsmangel oder enge Kleidung.
•    Erschlaffte Venenwände z. B. durch Alkohol, übermäßige Wärme (Sauna, Solarium, heiße Bäder etc.) oder hormonelle Veränderungen (z. B. Pille, Schwangerschaft, Wechseljahre).
•    Beeinträchtigung der Wadenmuskel-Pumpe z. B. durch hohe Absätze und Bewegungsmangel.
Zudem gibt es unbeeinflussbare Risikofaktoren wie z.B. Alter, Geschlecht und erbliche Veranlagung.

Woran bemerken Betroffene Venenveränderungen und beginnende Erkrankungen?
Erste Anzeichen für ein Venenleiden können ein Schwere- oder Spannungsgefühl sowie Schwellungen an den Fußknöcheln und Beinen sein. Auch nächtliche Wadenkrämpfe können darauf hindeuten, dass eine Venenveränderung vorliegt.

Gibt es einen Unterschied zwischen einem tatsächlichen Venenleiden mit gesundheitlichen Folgen und „Leiden“, die eher „nur“ kosmetisch einzustufen sind?
Als Krampfadern bzw. Varizen bezeichnet man erweiterte Venen. Sie stellen ein ernstzunehmendes Venenleiden dar und sind keineswegs nur ein „kosmetisches“ Übel. In einem erweiterten Gefäß können die Venenklappen nicht richtig schließen. Die Folge: Das Blut sackt zurück und staut sich. Durch den erhöhten Druck dehnt sich die betroffene Vene noch weiter aus. Werden Krampfadern nicht behandelt, können Sie hohe gesundheitliche Risiken bergen. Varizen sollten daher unbedingt durch einen Arzt untersucht werden.
Dagegen sind Besenreiser in der Regel harmlos. Sie bilden sich oft am gesamten Bein. Liegen sie am Innenknöchel, können sie jedoch auch ein Hinweis auf eine Venenschwäche und tiefer liegende Krampfadern sein. Bei Besenreisern sind kleinste Blutgefäße direkt unter der Hautoberfläche betroffen. Der Durchmesser von diesen feinen Venen ist so gering, dass nur wenig Blut durch die kleinen Gefäße fließt. Stauungen sind daher minimal und so verursachen Besenreiser fast nie Beschwerden. Aus medizinischen Gründen ist eine Therapie daher nicht zwingend notwendig. Eine Behandlung der feinen Verästelungen an der Hautoberfläche kann jedoch aus ästhetischen und kosmetischen Vorsorgegründen dennoch erfolgen.

Wie können Krampfadern behandelt werden und wie kann man Beschwerden lindern?
Um die Beschwerden bei Krampfadern zu lindern, werden Stützstrümpfe, Bewegung und Hochlagern der Beine empfohlen. Reicht dies nicht aus, können die Krampfadern durch einen Eingriff verschlossen oder entfernt werden.
Die meisten Krampfadern verursachen keine Beschwerden. Sie können aber auch zu schmerzhaften, müden oder geschwollenen Beinen führen und Juckreiz auslösen. Um die Venen zu entlasten, ist es sinnvoll, langes Stehen und Sitzen zu vermeiden, im Alltag so oft wie möglich umherzugehen, um die Beinmuskeln zu aktivieren und damit den Blutfluss anzuregen, die Beine beim Sitzen hochzulegen, um den Rückfluss des Blutes zu erleichtern und nicht zu überkreuzen, um die Gefäße nicht abzudrücken. Bei Juckreiz kann es sinnvoll sein, eine rückfettende Creme auf die Beine aufzutragen, da eine trockene Haut Juckreiz begünstigt. Übergewichtigen Menschen mit Krampfadern wird oft empfohlen, abzunehmen, denn zu viel Gewicht gilt als Risikofaktor. Es ist aber nicht nachgewiesen, dass eine Gewichtsabnahme bei bereits bestehenden Krampfadern wirklich hilft.

Gibt es neue Techniken oder Erkenntnisse wie man Venenleiden besser vorbeugen oder behandeln kann?
Bei weiterhin bestehenden Symptomen des Venenleidens trotz der Durchführung der konservativen Behandlung, kann eine operative Behandlung erfolgen.
Es gibt eine Vielzahl an operativen Verfahren zur Entfernung krankhaft veränderter Venen. In Abhängigkeit des Schweregrades der Erkrankung und patientenindividueller Kriterien entscheidet der Arzt über geeignete Therapiemaßnahmen. Venenstripping, Verödungstherapie, Chiva- Methoden (Unterbinden und/oder Durchtrennen der Vene), Lasertherapie und Radiowellentherapie gehören zu den anerkannten und gängigen Behandlungsverfahren.


Weitere Informationen zur Chirurgischen Klinik für allgemeine Chirurgie, Viszeral- und Gefäßchirurgie sowie Koloproktologie von Chefarzt Dr. med. Alexander Meyer unter:
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