Bufdi-Porträt Moritz Röver

Bundesfreiwilligendienst im Rettungsdienst in Hamburg

Im Rettungsdienst ist jeder Tag anders: Moritz Röver nutzt seine Erfahrungen für sein Medizinstudium.

Moritz, warum hast du dich für den Bundesfreiwilligendienst entschieden?
Meine Entscheidung für einen Freiwilligendienst im Rettungsdienst fiel ziemlich früh - über ein Jahr vor meinem Schulabschluss bewarb ich mich für eine Stelle im Regionalverband Hamburg. Schon mit 12 Jahren lernte ich die Johanniter über den von ihnen betreuten Schulsanitätsdienst an meiner Schule kennen. Über meine Mitarbeit dort merkte ich, dass mich medizinische Themen interessieren und mir die Hilfe für verletzte oder erkrankte Mitmenschen wichtig ist und Spaß macht. Ich lernte in den darauffolgenden Jahren die Johanniter immer näher kennen und engagierte mich später nach weiteren Ausbildungen als Jugendgruppenleiter, in Jugendleitungen und Sanitätshelfer bei großen Veranstaltungen.

Zum Ende meiner Schullaufbahn war ich mir zwar relativ sicher, dass ich ein Studium im Bereich der Politik- oder Sozialwissenschaften anstreben würde, wollte zuvor aber die Gelegenheit nutzen, Erfahrungen in der Berufswelt zu sammeln. Wichtig war mir dabei der gesellschaftliche Beitrag, den ich durch meinen Freiwilligendienst erbringen wollte. Der Bereich der Notfallmedizin und des Krankentransportes passte für mich sehr gut. Interessant war für mich auch die Qualifizierung zum Rettungssanitäter, die während der ersten Monate des Freiwilligendienstes erfolgte und so diese Stelle von anderen abhob. Ich hoffte auch, durch die Ausbildung anschließend Teile meines Studiums zu finanzieren und mich professioneller ehrenamtlich engagieren zu können.

Warum gerade bei den Johannitern?
Die Johanniter hatten mich damals über 5 Jahre intensiv begleitet. Von Anfang an war ich von der starken Gemeinschaft und den vielfältigen Möglichkeiten innerhalb dieser großen Hilfsorganisation begeistert. Die Gemeinnützigkeit, der Dienst am Menschen und der damit verbundene Grundsatz der Nächstenliebe waren mir wichtig und geben den Johannitern ein starkes Profil neben kommerziellen Anbietern ähnlicher Dienstleistungen. Darüber hinaus schätzte ich die Johanniter als modernen und guten Arbeitgeber ein.

In welcher Johanniter-Einrichtung hast du gearbeitet und was waren deine Aufgaben?
Tätig war ich im Regionalverband Hamburg, der zum Zeitpunkt meines Freiwilligendienstes Rettungswachen in Wandsbek, Bergedorf, Osdorf und Winterhude betrieb. Nach meiner dreimonatigen Qualifikation zum Rettungssanitäter, die jeweils einen Monat berufsschulische Ausbildung, Klinikpraktikum und Rettungswachen Praktikum beinhaltete wurde ich hauptsächlich im Krankentransport, also auf so genannten Krankentransportwagen (KTW), zusammen mit einem weiteren Rettungssanitäter eingesetzt. Neben der bundesweit einheitlichen Ausbildung, die ich und etwa sieben andere neue Freiwilligendienst-Leistende an einer staatlich anerkannten Berufsschule in Hamburg absolvierten, standen vor dem ersten Einsatz auch interne Schulungen und Trainings auf dem Programm. Anschließend wurde ich aber gleichberechtigt mit den hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen eingesetzt und übernahm in eigener Verantwortung die Durchführung sowie die Vor- und Nachbereitung von Krankentransport Einsätzen.

Zu den Aufgaben aller Mitarbeiter - also auch zu meinen - gehörte zu Dienstbeginn eine ausführliche Überprüfung der technischen und medizinischen Ausrüstung des Fahrzeugs nach vorgegebenen Abläufen und das Melden der Einsatzbereitschaft an die Rettungsleitstelle. Bei Bedarf wurden wir dann über die Leitstelle alarmiert, bestätigten die Einsatzübernahme und machten uns auf dem Weg zum Einsatzort. Das waren meistens Wohnungen, Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime von und zu denen Patienten, die medizinischer Betreuung bedurften, nur liegend transportiert oder Treppen hinauf oder hinunter gebracht werden mussten, befördert wurden. Während der Einsätze war ich entweder für die Betreuung der Patienten oder für das Fahren des KTW zuständig. Sofern nötig konnte und musste ich Patienten, die keine Notfallleitsymptome aufwiesen eigenständig behandeln, zum Beispiel mit Sauerstoff. Gelegentlich wurde ich auch auf Rettungswagen (RTW) eingesetzt, dann immer zusammen mit einer Rettungsassistentin oder einem Rettungsassistenten. Hier standen die Behandlung von Notfallpatienten, in lebensbedrohlichen Situationen auch zusammen mit Notärzten, und Verlegungen von Patienten, die die komplexere Ausstattung eines RTW benötigten, im Vordergrund.

Was hat dir besonders Spaß gemacht und was hat dich besonders geprägt?
Das Besondere am Rettungsdienst ist, dass man nie weiß, was einen erwartet - jeder Tag ist anders und macht deswegen auch Spaß. Oft ist man mit schlimmen Schicksalen konfrontiert, sowohl akut, bei Notfällen, als auch mit schweren Krankheiten. Damit zurecht zu kommen ist meiner Meinung nach vor allem dadurch möglich, immer sein Bestes zu geben und so zu wissen, dass man alles getan hat, was man konnte. Gleichzeitig sind die Kollegen nicht nur einer der größten Spaßfaktoren, sondern auch ein wichtiger Teil meiner  Bewältigungsstrategie gewesen. Der herausragende Zusammenhalt im Team hat mich mindestens genauso geprägt wie die schrecklichen und traurigen Eindrücke. Ein weiteres Highlight waren Fahrten über weite Entfernungen, sogenannte Ferntouren, einmal bis kurz vor Österreich. Man konnte die Patienten kennenlernen und hatte gleichzeitig eine tolle Zeit mit dem Kollegen oder der Kollegin - ein Roadtrip der anderen Art.

Von welchen Erfahrungen kannst du auch in der Zukunft profitieren? Zum Beispiel im Beruf oder Studium?
Tatsächlich hatte mein Freiwilligendienst große Auswirkungen auf meinen weiteren Werdegang und ich konnte auch sehr von den Erfahrungen aus dieser Zeit profitieren. Schnell stellte ich fest, dass mir die Arbeit noch mehr Spaß machte und mich positiv forderte, als ich gedacht hatte. Ich wollte mehr Wissen und Können im Rettungsdienst erlangen, mehr Verantwortung übernehmen. Außerdem hatte ich schon früher mit dem Gedanken gespielt, Medizin zu studieren, ihn aber immer wieder verworfen. Während des BfDs überlegte ich, es vielleicht doch zu versuchen. Schnell stellte ich aber fest, dass meine einzige Chance auf einen der begehrten Plätze - außer über eine mehrjährige Wartezeit - über eine abgeschlossene Berufsausbildung sein würde. So passte dann alles zusammen - ich entschied mich, nach dem Freiwilligendienst einen Aufbaulehrgang zum Rettungsassistenten zu belegen. Für das nach dem Lehrgang erforderliche Anerkennungsjahr bewarb ich mich wieder bei den Johannitern in Hamburg.

Schließlich konnte ich etwa zwei Jahre nach dem Start meines Bundesfreiwilligendienstes meine Rettungsassistenten Urkunde in den Händen halten, mit der ich mich auf einen Medizinstudienplatz bewarb. Für einen kurzen Zeitraum arbeitete ich in der Leistelle der Hilfsorganisationen in Hamburg, erhielt nach der Teilnahme am Auswahlverfahren der Universität zu Lübeck allerdings bald eine Zusage für den Studienplatz. Seit dem Herbst 2014 studiere ich in Lübeck und konnte schon oft feststellen, dass mir der Freiwilligendienst und die anschließende Ausbildung sehr helfen, das neu gelernte effektiv einzusortieren. Neben dem Studium nutze ich meine Qualifikation um einen Teil meiner Kosten zu decken und übernehme jeden Monat einige Schichten, die mir jedes Mal wieder Spaß machen.

Neben den fachlichen Kompetenzen, die ich erwerben konnte, hat mich das Jahr als Bundesfreiwilligendienstler vor allem persönlich weiter gebracht. Ich musste feststellen, dass es vielen Menschen auch in meiner direkten Umgebung viel schlechter geht, als ich es mir damals hatte vorstellen können. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, für seine Mitmenschen da zu sein und wie nichtig die vielen kleinen Probleme des Alltags eigentlich im Angesicht wirklich schwerer Schicksale sind. Gleichzeitig konnte ich von vielen Patienten eine sehr dankbare positive Einstellung zum Leben und zu ihren Schicksalen lernen. Mit dem heutigen Abstand kann ich sagen, dass ich aus dem Jahr Freiwilligendienst ein großes Stück erwachsener, selbstbewusster und vor allem dankbarer für mein eigenes Glück hervorgegangen bin.

Warum würdest du deine FSJ-Stelle weiterempfehlen?
Den Freiwilligendienst im Rettungsdienst und Krankentransport kann ich zu einhundert Prozent weiterempfehlen weil ich glaube, dass kaum eine andere Stelle so abwechslungsreich, verantwortungsvoll und lehrreich in allen Lebensbereichen ist. Auch wenn es nicht immer einfach und oft anstrengend war, ich hätte die Zeit nicht besser nutzen können. Wer eine Herausforderung sucht und sich weiterentwickeln will ist hier genau richtig.