Endlich mal wieder mit Würde speisen
Oldenburger Vesperkirche lädt Bedürftige, Alleinstehende und alle anderen ein
Weiße Tischdecken, weißes Porzellan, leckeres Essen und gute Gesellschaft – für viele selbstverständlich, für einige ein unerreichbarer Luxus. „Das wollen wir ändern“, sagt Andreas Thibaut, Pastor im Ruhestand und Mitglied in der Subkommende Oldenburg des Johanniterordens. Am Donnerstag, 4. April, öffnet die „Oldenburger Vesperkirche“. An insgesamt sechs Donnerstagen, 4., 11., 18. und 25. April sowie 2. und 16. Mai, laden die Johanniter-Hilfsgemeinschaft Oldenburg, die Evangelische Kirchengemeinde Oldenburg und der Ortsverband Oldenburg der Johanniter-Unfall-Hilfe mit zahlreichen Unterstützenden von 18 bis 20 Uhr in die Garnisonkirche an der Peterstraße zum Essen ein. Das Angebot ist für die Gäste kostenlos und richtet sich in erster Linie an Bedürftige. Aber: „Jede und jeder ist willkommen“, betont Thibaut. „Wir wollen die Menschen zusammenbringen. Unsere Gesellschaft kippt immer weiter auseinander. Dem wollen wir entgegenwirken.“ Deshalb sind auch ausdrücklich alleinstehende Seniorinnen und Senioren eingeladen, die mal wieder in Gemeinschaft und bei netten Gesprächen gut speisen wollen. Die Garnisonkirche eignet sich sehr gut, da sie zentrumsnah ist und zu Fuß erreichbar, ausreichend Platz und zur Gastronomie umgestaltet eine tolle Atmosphäre bietet. Insgesamt werden sieben Tische mit jeweils zehn Plätzen aufgebaut.
Die Idee entstand im Herbst 2022. In der Ukraine begann der erste Kriegswinter, in Deutschland waren Heizkosten und Lebensmittelpreise hoch. „Wir haben überlegt, dass wir irgendwas tun müssen, um den Menschen zu helfen“, sagt Anja Siegert, Vorsitzende der Johanniter-Hilfsgemeinschaft Oldenburg. „Der Gedanke hat uns nicht mehr losgelassen, dass es in Deutschland Menschen gibt, die frieren und hungern müssen.“ Es gab viele Ideen, die sich aber nicht verwirklichen ließen. Schließlich schlossen sich die Mitglieder der Subkommende Oldenburg des Johanniterordens und der Johanniter-Hilfsgemeinschaft Oldenburg dem Team des Kältebusses der Oldenburger Johanniter-Unfall-Hilfe an und ermöglichten so einen dritten Ausgabetag von heißen Getränken, warmen Essen und Winterbekleidung. Die Kältebus-Saison endete am vergangenen Wochenende, die Vesperkirche schließt daran an. „Und dann schauen wir, wie das Angebot ankommt“, sagt Dr. Anna Simon vom Arbeitskreis Vesperkirche.
Ermöglicht wird die Oldenburger Vesperkirche durch zahlreiche Unterstützende. Mit dabei sind der Nordenholzer Hof, das Pius-Hospital, die Evangelisches Krankenhaus Service GmbH, Feinkost Friese, Meerpohl, die Diakonie im Oldenburger Land, Wäscherei Schwarting, Gastrowelt Hinsche, Spedition Kreye, Sport Duwe, Kuhlmann Bau, Hol‘Ab-Getränkemarkt und der Officina Druck- und Medienservice. Bei Erfolg soll das Gespräch mit weiteren Akteuren gesucht werden. „Die Vesperkirche kann ein Projekt sein, in dem sich die ganze Stadtgesellschaft einbringt“, sagt Andreas Thibaut.
Über die Vesperkirchen
Die erste Vesperkirche entstand 1995 in der Leonhardskirche in Stuttgart. Mittlerweile gibt es deutschlandweit rund 70 Vesperkirchen, unter anderem in Hannover und Braunschweig. Gemein ist allen, Menschen, die am gesellschaftlichen Leben nicht teilhaben können oder alleine sind, die Gelegenheit zu geben, in einer schön gestalteten und wertschätzenden Atmosphäre eine wertige Mahlzeit in Gemeinschaft einzunehmen.