Rezepte gegen Einsamkeit

In Gemeinschaft schmeckt es am besten

Christa Christensen ist eine der Ehrenamtlichen vom Senioren-Mittagstisch.

Essen hält nicht nur Leib und Seele zusammen - es verbindet Menschen auch miteinander: Seit Mai 2018 findet in Meckelfeld im Ortsverband Seevetal nach drei Jahren Pause wieder der beliebte Senioren-Mittagstisch statt. Ein Team von insgesamt neun Ehrenamtlichen zaubert zweimal im Monat immer mittwochs gesunde und abwechslungsreiche Gerichte für bis zu 25 Gäste. Dafür verwandeln sie den Erste-Hilfe-Ausbildungsraum in einen Speisesaal.

Im Interview berichten stellvertretend fürs Team Christa Christensen, 62, aus Meckelfeld, Silke Brzesa, 61, ebenfalls aus Meckelfeld und Ute Carstens, 65, aus Hamburg-Neugraben von ihrem ehrenamtlichen kulinarischen Einsatz.

Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich beim Senioren-Mittagstisch?

Christensen: "Ich bin jetzt Rentnerin, habe Zeit und möchte etwas für die alten Leute tun."

Brzesa: "Ich bin letztes Jahr in Ruhestand gegangen und für mich war immer klar, dass ich mich dann sozial engagieren möchte."

Carstens: "Ich habe mich vorher zwölf Jahre lang in einem anderen Ehrenamt engagiert, das dann aber ausgelaufen ist. Deshalb war ich auf der Suche nach etwas Neuem – und der Senioren-Mittagstisch hat mir gleich gut gefallen. Ich bin sehr dankbar, dass es mir in meinem Leben gut geht, deshalb möchte ich mit diesem Ehrenamt auch etwas zurückgeben."

Gemeinsam mit den anderen Teammitgliedern bereitet Silke Brzesa den Mittagstisch vor.

Wie können wir uns den typischen Ablauf vorstellen, von der Planung des Gerichtes übers Einkaufen bis zum Kochen und Auftischen?

Christensen: "Wir haben uns in verschiedene Teams aufgeteilt, die immer zusammen kochen. Das jeweilige Team geht einen Tag vor dem Senioren-Mittagstisch gemeinsam einkaufen. Bei uns muss man sich vorher anmelden, damit wir einen Überblick haben und wissen, für wie viele Personen wir einkaufen müssen. Natürlich kommt es trotzdem vor, dass mal eine angemeldete Person nicht kommt, dafür aber zwei Senioren spontan kommen – das bekommen wir dann aber immer irgendwie hin. Wir schicken niemanden wieder weg."

Brzesa: "Wir planen immer zwei Monate im Voraus. Auf diesem Plan notieren wir, wer kocht, einkauft und hilft und vor allem, was gekocht wird. Dabei stimmen wir die Gerichte saisonal ab: Im Mai gibt es Spargel, im Winter ist Kohlzeit. Mittlerweile kommen zwischen 23 und 25 Gäste – das ist auch die absolute Obergrenze. Mehr Gerichte können wir in der Küche nicht zubereiten. Vom Küchenteam sind wir meist fünf bis sechs Personen.
In dem einen Jahr, in dem wir jetzt zusammen kochen, hat sich herauskristallisiert, wer welche Stärken hat. Der eine kann gut kochen, der andere dekoriert die Tische und deckt ein, der nächste ist ein Spezialist fürs Backen oder den Nachtisch, andere schnippeln gern oder übernehmen den Abwasch und dann haben wir noch jemanden, der über die Finanzen und die Anmeldungen den Überblick hat. Jeder hat seinen Schwerpunkt, aber jeder hilft auch jedem."

Carstens: "Die ersten aus dem Küchenteam starten schon um 8.30 Uhr mit dem Gemüse putzen und schnippeln. Denn wir kochen alles frisch – bei uns gibt es nichts Gefrorenes oder etwas aus der Dose. Obwohl das Essen erst um 12.30 Uhr beginnt, trudeln die ersten Gäste bereits um 11.15 Uhr ein. Bei manchen liegt das daran, dass sie auf den Bus angewiesen sind, der eben nicht anders fährt, andere freuen sich, weil sie sich dann schon mit den Tischnachbarn unterhalten können, manche kommen einfach mit der Uhrzeit durcheinander. Alles kein Problem - wir sind darauf eingestellt und heißen alle herzlich willkommen."

Warum besuchen Ihre Gäste den Senioren-Mittagstisch?

Christensen: "Das Essen schmeckt ihnen hier richtig gut. Außerdem verwöhnen wir unsere Gäste: Für 5,90 Euro bekommen die Senioren ein Getränk, eine Suppe oder einen Salat, ein Hauptgericht mit Fleisch oder Fisch, dann noch einen Nachtisch oder ein Stück Torte und zum Schluss eine Tasse Kaffee. Wo bekommt man das heute? Die meisten würden gern jeden Tag zu uns kommen! (lacht). Aber wir kochen ja nur zweimal im Monat."

Carstens: "Mittlerweile haben unsere Senioren ihre festen Sitzplätze, auf die sie auch bestehen. Denn schließlich freuen sie sich sehr auf den Mittagstisch, wenn sie wieder mit den vertrauten Tischnachbarn essen und sich unterhalten können."

Brzesa: "Die Leute kennen sich inzwischen auch untereinander – es herrscht eine gesellige Atmosphäre."

Helferin Ute Carstens kocht einen Teil des Menüs für den Senioren-Mittagstisch.

Welche Rolle spielt das Thema Einsamkeit im Rahmen des Mittagstisches und wie reagieren Sie darauf?

Brzesa: "Das spielt hier keine so große Rolle. Denn die Senioren haben sich entweder hier kennengelernt oder waren schon vorher befreundet. Man kennt sich hier also und keiner ist allein. Das Schöne ist, dass sie auch aufeinander achten. Wenn mal eine Person aus der Gruppe nicht zum Mittagstisch erscheint, weiß eigentlich immer jemand, dass derjenige einen Termin hat oder krank ist und deshalb nicht kommen kann."

Carstens: "Ich bin immer wieder fasziniert, dass die Menschen, egal, wie alt sie sind, hierher kommen – zu Fuß, mit dem Fahrrad, am Stock oder am Rollator. Unser ältester Gast ist 94 Jahre alt. Natürlich helfen wir ihnen, wenn sie zum Beispiel Probleme haben, mit dem Rollator die Stufen runterzukommen."

Was ist Ihr persönliches „Rezept“ gegen Einsamkeit?

Brzesa: "Man sollte aktiv bleiben und soziale Kontakte pflegen. Ganz wichtig ist auch, dass man sich eine Aufgabe sucht, an der man Spaß hat. Deshalb ist der Mittagstisch perfekt für mich: Ich habe eine sinnvolle Aufgabe und mache Senioren glücklich – das ist doch eine Win-Win-Situation für beide Seiten."

Carstens: "Das sehe ich auch so. Man sollte aktiv sein in jeder Beziehung: sich um soziale Kontakte kümmern, diese aktiv pflegen, an Gruppen teilnehmen und zum Beispiel Sport machen."

Über den Senioren-Mittagstisch:

Der Senioren-Mittagstisch findet zweimal im Monat immer mittwochs in den Räumen des Ortsverbandes Seevetal statt. Die Teilnahme am Mittagstisch kostet 5,90 Euro pro Person. Dafür bekommen die Gäste ein Getränk, eine Suppe oder einen Salat, ein Hauptgericht mit Fisch oder Fleisch, einen Nachtisch oder ein Stück Torte sowie eine Tasse Kaffee. Eine Anmeldung ist erforderlich, damit das Küchenteam besser planen kann.