07.03.2022 | Johanniter GmbH

Tag der gesunden Ernährung: Wenn gesund Essen zum Zwang wird

„Genuss ist gesund“

Quelle: Herman Willers

Am 7. März ist der Tag der gesunden Ernährung. Ohne Zucker, ohne Fleisch, ohne Fett, Super Foods, Paleo – die aktuellen Essenstrends sind zahlreich und vielfältig, Social-Media-Kanäle, Zeitungen, Magazine und Blogs sind gefüllt von vermeintlich guten Ratschlägen. Die Johanniter nehmen den Tag daher zum Anlass, um auf zwanghafte Ernährungsmuster aufmerksam zu machen, die besonders häufig im Teenager-Alter entstehen. Denn insbesondere Jugendliche versuchen durch gesunde Ernährung ihrem Körper etwas Gutes zu tun, um dabei als überflüssig empfundene Pfunde zu reduzieren und das Aussehen zu verbessern. Aber auch die tägliche Stressbewältigung in der Corona-Pandemie kann Auslöser für ein geändertes Essverhalten sein. Wird gesundes Essen aber zum Zwang, kann dies fatale Auswirkungen haben. Nicht selten sind Mangelerscheinungen und Untergewicht die Folge. Auch die „soziale Isolation“, etwa durch ausgearbeitete Essenspläne, kann den Beginn nachhaltiger Essstörungen einläuten.

Vom gesunden Abnehmen zur Essstörung

Dass vermeintlich gesunde Ernährung immer gut sei für den eigenen Körper ist ein weit verbreiteter Irrglaube. „Wir beobachten zunehmend, dass Patienten und Patientinnen mit Magersucht oder Bulimie zunächst begonnen haben, 'gesund abnehmen' zu wollen“, erklärt Prof. Dr. Thomas Huber, Chefarzt der Johanniter-Klinik am Korso, einem Fachzentrum für gestörtes Essverhalten. „Betroffene zwingen sich dabei immer weiter zu dem, was sie als gesunde Ernährung ansehen und haben Angst, durch ungesunde Ernährung krank zu werden oder wieder zuzunehmen. Dabei definieren sie selbst, was sie für sich als gesund einstufen“, so der Experte. Dieses Phänomen, der zwanghaften vermeintlich gesunden Ernährung, wird in der Medizin als „Orthorexie“ bezeichnet.

Dabei ist die Orthorexie heute noch keine wissenschaftlich anerkannte Essstörung, sondern häufig die Vorstufe zu einer eigentlichen Essstörung. Die Einsicht der Betroffenen, sich damit selbst zu schaden, kommt oft sehr spät. Viele sehen sich lange als besonders gesund, erklärt der Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie Thomas Huber: „Es wird dann ungesund, wenn der Lebensstil einem selbst körperlich schadet. Die Folgen zeigen sich aber nicht nur in krankhaftem Untergewicht. Häufig sind Betroffene auch sozial eingeschränkt und gehen aufgrund der selbst auferlegten, strengen Essenspläne nicht mehr aus, wodurch das soziale Umfeld und Kontakte verloren gehen.“

Dann benötigen Betroffene Hilfe von außen

Wer in dieser Phase angekommen ist und sein eigenes Essverhalten so stark kontrolliert, braucht Hilfe von außen. Freunde und Familie können hier Betroffene besonders mit Geduld unterstützen. „Auf keinen Fall sollte Druck ausgeübt werden, denn auch die Betroffenen selbst wünschen sich nichts mehr, als einfach locker lassen zu können“, so Huber. „Ziel muss es wieder werden, zu einer normalen, ausgewogenen Ernährung ohne Zwänge zurückzukehren. Unserer Meinung nach gibt es keine gesunden oder ungesunden Lebensmittel, sondern nur eine gesunde, bedarfsgerechte Mischung aus unterschiedlichen Lebensmitteln“, fasst Prof. Dr. Huber das Problem zusammen und gibt abschließend den Rat: „Genuss ist gesund! Nur heißt hier das Zauberwort in Maßen statt in Massen.“

Weitere Informationen und professionelle Hilfsangebote unter: www.johanniter.de/johanniter-kliniken/klinik-am-korso/