22.03.2022 | Johanniter GmbH

24. März - Welttuberkulosetag

Ein Gespräch mit dem Pneumologen Oberarzt Dr. Dietmar Herziger vom Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen über Tuberkulose-Fälle heute, Ursachen der Infektion und Behandlungsmöglickeiten.

Dr. Dietmar Herziger ist Oberarzt der Fachklinik für Pneumologie und Thoraxchirurgie am
Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen. Quelle: Johanniter

Das Robert-Koch-Institut (RKI) registrierte im Jahr 2020 in Deutschland 4.127 Tuberkulosen. Das entspricht fünf Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Nach einer Zunahme im Jahr 2015 (=7,3 pro 100.000) nahmen die Zahlen seit 2017 wieder ab und erreichten 2020 den niedrigsten Stand seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).

Im Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen als größter Lungenfachklinik Brandenburgs werden Tuberkulose-Erkrankte behandelt. Im Jahr 2021 waren es 15 Patienten.

Verzeichnen Sie mehr Tuberkulosefälle als in der Vergangenheit?

Das Johanniter-Krankenhaus verzeichnet seit 2017 relativ kontinuierlich Tuberkulose-Infektionen von elf bis 15 pro Jahr. Einen Ausreißer nach unten mit sieben Patienten gab es 2020.

Woher kommen die meisten Infektionen?

Es gibt zwei hauptsächliche Personengruppen. Zum einen eine reaktivierte Tuberkulose bei der älteren einheimischen Bevölkerung. Diese Menschen hatten oft eine unerkannte, latente Infektion in ihrer Kindheit oder Jugend. Im höheren Alter mit geschwächtem Immunsystem kann dann die Erkrankung ausbrechen.

Zum anderen sind es Menschen mit Migrationshintergrund aus Ländern, in denen die Tuberkulose noch sehr häufig vorkommt. Sie sind oft erst 20 bis 30 Jahre alt.

Lässt sich die Infektionskette gut nachvollziehen?

Tuberkulose ist eine meldepflichtige Erkrankung, jeden Fall melden wir dem zuständigen Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt veranlasst eine umfassende Umgebungsuntersuchung der Patientin bzw. des Patienten, um den Ansteckungsherd nachzuvollziehen.

Wie kann man sich schützen?

  1. Tuberkulose ist eine seltene Erkrankung. Entscheidend sind eine schnelle Frühdiagnostik und eine rasche Therapieeinleitung. Ist der Patient erkrankt, bleibt er in Isolation, bis er nicht mehr ansteckend ist. Dadurch ist auch der Schutz der Allgemeinheit gegeben.
  2. Gehen Sie mit wochenlangen, therapieresistenten lungenbezogenen Beschwerden wie Husten, Fieber, Auswurf unklarer Ursache zur Ärztin oder zum Arzt. Diese werden die Infektionsmöglichkeit mit Tuberkulose konsequent in der Diagnostik berücksichtigen.

Müssen sich Long-COVOID-Patienten / Patienten mit Problemen der Atemwege besonders schützen und wenn ja, warum?

Zur Risikobewertung bei Menschen, die während der Tuberkulosetherapie eine SARS-CoV-2-Infektion durchmachen, gibt es keine ausreichenden Daten. Auch bei LONG COVID-Patienten gibt es noch keine Daten bezüglich eines erhöhten Tuberkulose-Erkrankungsrisikos.

Welche Therapiemaßnahmen gibt es bei Tuberkulose, um die Lunge / die Lungenfunktion wieder zu stärken?

Tuberkulose lässt sich gut mit einer Kombination aus verschiedenen Medikamenten behandeln. Die übliche Behandlung dauert sechs Monate.

Eine Besonderheit der Tuberkulose ist das langsame Wachstum der Erreger. Die Tuberkulosebakterien teilen sich nur etwa einmal am Tag, während sich zum Beispiel Darmbakterien alle zehn Minuten teilen. Deswegen verläuft die Erkrankung in der Regel schleichend und entwickelt sich langsam über viele Wochen.

Um sicher alle Bakterien abzutöten, muss daher die medikamentöse Behandlung ausreichend lange und zuverlässig eingenommen werden. Dabei ist eine engmaschige Überwachung durch den Hausarzt oder Pneumologen bis zur kompletten Abheilung erforderlich. Nicht zuletzt aber auch deshalb, weil Tuberkulose-Medikamente manchmal Nebenwirkungen haben.


Über Dr. Dietmar Herziger

Dr. Dietmar Herziger ist Oberarzt der Fachklinik für Pneumologie und Thoraxchirurgie am Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen.

Als Facharzt für Pneumologie ist er mit langjährigen Erfahrungen besonders spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie von Tuberkuloseerkrankungen.

Das Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen ist Brandenburgs größte Lungenfachklinik mit 154 stationären Betten und 3 tagesklinischen Plätzen. Seit ca. 100 Jahren werden hier Lungenkrankheiten behandelt.