10.10.2022 | Regionalverband Oberbayern

Chester über seine Rettungshundekarriere bis hin zur Rente

Chester darf nun in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Zuvor haben wir ihn aber noch einmal interviewt.

 

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  • Wie war es für dich, als du zu deiner neuen Familie gekommen bist?

Als ich zu meiner Familie gekommen bin, war ich schon der zweite Hund im Haus. Das war im Januar 2009. Es gab dort schon eine Border Collie Hündin – Chelsea - die 1,5 Jahre älter war als ich. Die war eine ziemliche Zicke und hat immer gemeint, sie müsste mich erziehen. Aber sie war auch schon in der Rettungshundeausbildung und der eigentliche Grund, warum meine Familie mich aufgenommen hat. Mein Herrchen hatte auch Geschmack an der Rettungshundearbeit gefunden und wollte selber einen Hund haben – so musste ich ran.

Ich war ja noch sehr klein und bin zusammen mit einem meiner Brüder von Landshut nach Landsberg umgezogen. Schon die Fahrt war echt stressig – wir beide haben den ganzen Weg um die Wette gekotzt. Ich war natürlich ein total braves Kind, aber manchmal haben sich meine Menschen auch total aufgeregt. Zum Beispiel als ich das leckere Fleisch in der Küche gefunden habe. Das lag so schön zubereitet auf der Arbeitsfläche – ich konnte einfach nicht widerstehen.

Blöd fand ich die Zeit, als ich mir beim Baden den Fuß mal aufgeschnitten habe. Da musste ich mit einer blöden Halskrause rumlaufen. Mit der bin ich immer überall hängen geblieben und habe kaum noch durch die Tür gepasst.

  • Wann hast du mit deiner Ausbildung zum Rettungshund begonnen? War es schwer für dich?

Mit der Ausbildung zum Rettungshund habe ich erst etwas später angefangen. Meine Menschen waren in meiner Jugend eine Zeitlang nicht daheim und haben sich 5 Monate im Ausland rumgetrieben. Mit drei Jahren habe ich dann so richtig mit der Arbeit als Rettungshund angefangen. Dabei konnte ich mir viel von der Chelsea abschauen, die war schon geprüfter Rettungshund.

Am Anfang war das eigentlich ganz toll, weil alle nur mit mir gespielt haben. Ich habe später erst verstanden, dass Spielen und Arbeiten eigentlich das Gleiche ist. Die erste Zeit haben alle mit mir gespielt, damit ich mich an möglichst viele Menschen gewöhne und Spaß mit denen habe. Dann musste ich aber auch immer häufiger brav neben Herrchen und Frauchen gehen, aber dabei gab es immer viele Leckerlis. Am spannendsten war es, als wir dann in den Wald gingen, und sich die Menschen vor mir versteckt haben. Die durfte ich dann suchen und alle haben sich gefreut, wenn ich sie gefunden habe.
Nach einiger Zeit wurde die Arbeit immer stressiger und meine Menschen redeten fast nur noch über eine Prüfung, die wir machen sollten. Ich hatte ja keine Ahnung was das ist, aber die Menschen waren total nervös. Meine Menschen mussten dafür auch kräftig lernen und verschiedenen Lehrgänge besuchen. Die sind jetzt auch Sanitäter und wissen so einiges über Katastrophenschutz und wie man mit Karte und Kompass umgeht. Die Menschen brauchen übrigens viel länger, bis sie bereit zur Prüfung sind als wir Hunde. Wir schaffen das meistens in etwa zwei Jahren.
Für die Prüfung mussten wir ganz schön weit fahren – bis nach Osnabrück. Aber ein Spaß war das nicht gerade mit der Prüfung – die Menschen waren total komisch und gestresst – das mag ich gar nicht. Aber es hat sich gelohnt: Wir haben Bestanden. Das war für mich auch toll, denn ich durfte dann endlich zusammen mit Chelsea in den Einsatz. Dafür haben wir ja schließlich die ganze Zeit gearbeitet.

  • Was war dein erster Einsatz?

Mein erster Einsatz war gleich total spannend. Da wurde ein etwa zehnjähriger Junge vermisst, der sich von einer Gruppe anderer Kinder getrennt in einer Schlucht verlaufen hat. Da waren total viele Leute von allen möglichen Organisationen und haben gemeinsam gesucht. Unsere Suche war auch noch Nachts, aber das macht mir ja nicht aus – da funktioniert meine Nase genauso gut, wie am Tag. Gefunden haben wir den Jungen aber nicht. Der ist etwas später von allein wieder aufgetaucht, weil er zum nächsten Bahnhof gelaufen ist und dann mit der Bahn zu seinen Großeltern fuhr.

  • Was war dein schönster Moment als Rettungshund?

Der beste Einsatz war in der Nähe von Starnberg. Da hat der Beppo – einer meiner Kollegen – zusammen mit seinem Herrchen eine Frau gefunden, die schon einen Tag gesucht wurde. Mein Herrchen war sogar als Helfer dabei, ich hatte leider gerade Pause. Die Frau hat zum Glück auch noch gelebt und war wohlauf. Da haben wir uns alle total gefreut. Insgesamt war ich bestimmt auf 80 Einsätzen. Aber oft sind wir ohne zu suchen wieder Heim gefahren, weil die Opfer wieder irgendwo aufgetaucht sind. Oft haben wir auch lange im Auto warten müssen, bis wir endlich suchen durften. Aber Opfer habe ich immer nur im Training gefunden, nie im Einsatz. Manchmal haben aber andere Kollegen gefunden, weil bei denen das Opfer im Suchgebiet war.

  • Jetzt kommt der wohlverdiente Ruhestand – was wirst du nun in deiner vielen Freizeit machen?

Jetzt durfte ich nach fast 10 Jahren Arbeit endlich in Rente gehen. Die Chelsea war ja auch schon eine Weile raus aus der Arbeit, da hatten wir endlich etwas Ruhe. Jetzt ist Chelsea leider nicht mehr da – die ist jetzt wohl im Hundehimmel. Aber ab und zu gehe ich immer noch gerne in die Arbeit. Da freuen sich alle wenn ich komme und spielen immer noch so mit mir wie früher. So kleine Suchen mache ich auch noch gerne, aber wenn es zu viel wird, höre ich einfach auf zu suchen. Ansonsten gehe ich immer noch gerne längere Spaziergänge und freue mich über jeden Bach oder Tümpel, in den ich mich legen kann.
Inzwischen hat die Tochter meiner Menschen auch einen jungen Border Collie – der will immer mit mir toben und spielen. Den muss ich mir jetzt erst mal erziehen...