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28.04.2023 | Lacrima - Zentrum für trauernde Kinder in Quickborn

Lacrima im Wald

Trauergruppe für Kinder und Jugendliche der Johanniter erlebt Natur und Wald mit allen Sinnen bei besonderer Gruppenstunde

Den Weg finden, ohne etwas zu sehen? Rainer Sieling zeigte den Kindern der Lacrima-Trauergruppe, was es bedeutet, sich auf seine anderen Sinne zu verlassen.
Den Weg finden, ohne etwas zu sehen? Rainer Sieling zeigte den Kindern der Lacrima-Trauergruppe, was es bedeutet, sich auf seine anderen Sinne zu verlassen.
Mit viel Freude bauten die Kinder gemeinsam mit den Ehrenamtlichen der Johanniter einen Notunterstand für die Nacht.
Mit viel Freude bauten die Kinder gemeinsam mit den Ehrenamtlichen der Johanniter einen Notunterstand für die Nacht.
In diesem Unterstand kann man geschützt eine Nacht im Wald verbringen, ohne Angst haben zu müssen.
In diesem Unterstand kann man geschützt eine Nacht im Wald verbringen, ohne Angst haben zu müssen.

Den Wald mit allen Sinnen erfahren – darum ging es in einer besonderen Gruppenstunde von Lacrima. Im Waldstück an der AKN-Haltestelle Meeschensee traf sich die Trauergruppe für Kinder und Jugendliche der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. mit dem Natur- und Wildpädagogen Rainer Sieling, um ein Gefühl für die sie umgebende Natur zu bekommen. Die Eltern der Kinder kamen etwas abseits im Wald mit dem Jugend- und Familiencoach Malte Becker zu einem Gesprächskreis zusammen. Die besondere Gruppenstunde im Wald wurde aus Spendengeldern der Volksbank Raiffeisenbank eG Norderstedt finanziert.

In der ersten Übung bauten die Kinder mit Rainer Sieling und den vier Ehrenamtlichen Astrid Joachim, Petra Meier, Mareen Becker und Bettina Schröder eine Art Notunterkunft. „Darin seid ihr geschützt, wenn ihr mal im Wald unterwegs seid und übernachten müsst“, erklärt Sieling, der sich als zertifizierter Natur- und Wildnispädagoge selbstständig gemacht hat. Die Kinder hatten sichtlich Freude daran, Äste und totes Holz zu sammeln und einen kleinen Unterstand zu bauen. Es gab noch viele weitere Tipps für einen (un-)freiwilligen Aufenthalt im Wald. So seien die unteren vertrockneten Äste von Fichten bestens geeignet, um damit ein Feuer zu machen.

Weitere Übungen widmeten sich Sinneserfahrungen der etwas anderen Art. „Wir sind stark auf unsere Augen fokussiert, aber was passiert, wenn wir uns mehr auf unsere anderen Sinne konzentrieren? Was hören, schmecken, riechen oder fühlen wir?“, so Sieling weiter, der lackierte Schwimmbrillen vorbereitet hatte. „Wenn ihr nichts sehen könnt, müsst ihr den Weg erfühlen und euch langsam vortasten.“ Da jeder Mensch ein starkes Bein hat, sei es wichtig, sich darauf zu konzentrieren, gleich große Schritte zu machen, um nicht vom Kurs abzukommen. Diese Übung wiederholten die Kinder gemeinsam mit einem Partner auf der Suche nach einem vorher ausgewählten Baum und entlang einer Richtschnur. Natürlich sind auch mal Wurzeln tief hängende Äste im Weg.

„Die Kinder haben sehr plötzlich ein Elternteil verloren“, erzählt Bettina Schröder, langjährige Ehrenamtliche bei den Johannitern. Manche der Kinder seien bereits früher schon einmal dabei gewesen, aber nun zurückgekehrt. „Viele realisieren erst etwas später, was dieser Verlust bedeutet. Hier bei Lacrima haben sie die Möglichkeit, sich mit anderen Kindern, die das Gleiche durchmachen, auszutauschen.“ Dies wäre in einem anderen Rahmen nicht möglich. Auch für die Eltern sei Lacrima eine Möglichkeit, auf Gleichgesinnte zu treffen. „Dabei ist unsere Arbeit keine Therapieform, sondern eine fundierte, nachhaltige Begleitung und Unterstützung, die jedem Kind hilft, seinen persönlichen Trauerweg zu finden.“ Normalerweise finden die Gruppenstunden in der Johanniter-Kita Wilde 13 statt. Dort wird getobt, gelacht, gemalt oder zusammen geweint. „Bei uns erfahren die Kinder beruhigende Rituale und Anteilnahme. Nicht bearbeitete Trauer kann das Leben nachhaltig beeinflussen“, so Schröder weiter. Für die Kinder war dieser Waldausflug der etwas anderen Art eine besondere Erfahrung abseits der normalen Rituale und Übungen.