23.12.2025 | Johanniter-Schwesternschaft e.V.

Wenn es hell wird, weil jemand spricht Weihnachtliche Betrachtung zu Lukas 2, 10b.11

Liebe Johanniterinnen und Johanniter,

Es gibt Worte, die in ihrer Schlichtheit ein Licht in uns entzünden. Hannah Arendt beschreibt in einer Würdigung ihres philosophischen Lehrers Karl Jaspers, der auch Arzt war, genau einen solchen Moment: „Wenn Karl Jaspers spricht, dann wird es hell.“ Dieser Satz meint mehr als eine kluge Ausführung über eine geschätzte Person. Er beschreibt vielmehr die Ausstrahlung eines Menschen, dessen Gegenwart Orientierung schenkt, Trost ermöglicht und zugleich Raum öffnet für Wahrhaftigkeit und Hoffnung. 

Viele von ihnen kennen so ein Licht aus dem täglichen Dienst. Nicht selten wird ein Krankenzimmer ruhiger und damit zugleich auch heller, wenn sie mit einem ermutigendem Wort dem Patienten gegenübertreten. Gespräche werden offener und verbindlicher, wenn wirklich zugehört wird. Ein schwerer Moment, ausgelöst durch eine unangenehme Diagnose wird erträglicher, wenn es einfach jemanden gibt, der auch ohne Worte durch eine kleine Geste einfach zeigt, dass er da sein will. Das hat weniger mit bloßer „Funktion“ zu tun als mit Haltung. Diese Haltung ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als das, was „Berufung“ oder auch „Identität“ genannt wird. Darin kommt letztlich die Gemeinschaft als Johanniter-Schwesternschaft als auch die Gemeinschaft der Johanniter zum Ausdruck, die seit Jahrhunderten für Licht im Dunkel einstehen will.

Genau an diesem Punkt berührt der Gedanke von Hannah Arendt die Weihnachtsbotschaft aus dem Lukasevangelium: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird, denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus,der Herr, in der Stadt David.“  Weihnachten erzählt davon, das Gott selbst „spricht“- und es hell wird. Nicht laut, nicht machtvoll, sondern durch die Stimme seines Kindes, durch das stille Leuchten der Krippe. Gott tritt in unsere Welt, und in seinem Kommen wird sichtbar: Licht beginnt oft unscheinbar, aber es ist stärker als jedes Dunkel. 

Ein Licht für das, was uns bedrückt - im Großen wie im Kleinen

Wir leben in einer Zeit, in der die Schatten lang sind: Kriege, gesellschaftliche Spaltungen und Umbrüche, Verunsicherungen. Und wir tragen die leisen Dunkelheiten: Krankheit, Erschöpfung, Trauer, Zweifel. Weihnachten nimmt all diese Lebenswirklichkeit ernst - und widerspricht doch dem letzten Anspruch der Finsternis.

Die Geburt Jesu sagt: Nicht der Schatten der Angst bestimmt das Ziel. Nicht die Verzweiflung bleibt Siegerin. Nicht die Kälte behält das letzte Wort. Gott tritt in unsere zutiefst, von uns selbst verletzte Welt - und es wird hell. Das ist die Glaubenswirklichkeit, der wir das letzte Wort belassen wollen.

Als Johanniterinnen und Johanniter wollen wir dieses Licht weitertragen. Das ist mehr als nur ein „Job“, als ein Dienst, mehr als nur Profession und auch mehr als Nächstenliebe im allgemeinen Sinn. Es ist mit Leben gefüllte Identität - ein Vermächtnis aus einer langen Tradition des Heilens und Schützens, die bereits unsere Schwestern und Brüder in der johanniterlichen Gemeinschaft Orientierung gegeben hat, das im Leitwort unseres gemeinschaftlichen Dienstes heute seinen Ausdruck findet: „Aus Liebe zum Leben“, denn Gott selbst liebt das Leben! Das ist die Botschaft von Weihnachten. Und diese Identität zeigt sich dann in unserem alltäglichen Dienst, nicht in den großen Momenten, sondern in den kleinen, ach so unscheinbaren Augenblicken: in der sorgenden Hand, die nicht loslässt, in der Geduld, die aushält, in der Würde, die jedem Menschen gilt, ohne Ansehen seiner Person. So wird die Glaubenswirklichkeit zu einem erfahrbaren Lebensort mitten in unserem beruflichen als auch privaten Alltag.

Liebe Johanniterinnen und Johanniter, in einer Welt, die so viel Dunkelheit kennt, wollen wir gerne Trägerinnen und Träger dieses weihnachtlichen Lichtes sein, weil Gott in uns selbst dieses Licht in unseren Herzen entzündet hat. Karl Barth hat dies so zum Ausdruckt gebracht: „Wo Christus ist, da beginnt das Licht zu scheinen - und kein Dunkel kann es mehr auslöschen.“ Dieses Licht möge unsere Herzen stärken, den alltäglichen Dienst begleiten, und unsere Gemeinschaft hell machen - für die uns anvertrauten „Herren Kranken“ wie auch für uns, die wir gegenseitig zu einem „Herren Kranken“ werden können.

Uns allen wünsche ich eine gesegnete und lichtvolle Weihnacht.

Bernd Kollmetz, Fördermitglied der Schwesternschaft und Seelsorger