30.10.2025 | Regionalverband Bayerisch Schwaben

Ein Licht für die Erinnerung

Warum das Gedenken im November so wichtig ist

Der November ist in Deutschland ein Monat des Gedenkens. Allerheiligen, Totensonntag und die stillen Tage dazwischen laden dazu ein, innezuhalten und sich bewusst Zeit zu nehmen, um an Verstorbene zu denken. Für Kinder und Jugendliche ist der Verlust eines nahestehenden Menschen besonders schwer. Oft fehlt ihnen die Sprache, um über ihre Gefühle zu sprechen, und Trauer zeigt sich stattdessen in Verhalten, Rückzug oder plötzlichen Stimmungsschwankungen. Genau hier setzt Lacrima, das Trauerbegleitungsangebot der Johanniter in Bayerisch-Schwaben, an. An den Standorten Augsburg, Kempten und Neu-Ulm erhalten Kinder und Jugendliche Raum, ihre Trauer zu erleben, sie zu verstehen und kleine Rituale der Erinnerung zu gestalten.

„Kinder trauern anders als Erwachsene. Sie sprechen nicht immer über ihre Gefühle, sondern zeigen sie im Spiel oder durch ihr Verhalten“, erklärt Gabriela Becker, Leitung Augsburg. „In unseren Gruppen lernen sie, dass Trauer normal ist und dass es erlaubt ist, über Erinnerungen zu sprechen, zu lachen, zu weinen oder kreativ mit der eigenen Trauer umzugehen. Das Licht am Allerheiligentag ist für sie ein greifbares Symbol: Erinnerung, Hoffnung und Zusammenhalt.“

Trauer ist ein Prozess, der altersabhängig sehr unterschiedlich erlebt wird. Kleine Kinder verstehen den Tod oft noch nicht als endgültig und brauchen Rituale, um den Verlust greifbar zu machen. Bilder malen, Gedenkkerzen gestalten oder gemeinsam Geschichten über die verstorbene Person erzählen, hilft ihnen, Erinnerungen sichtbar zu machen. Schulkinder beginnen zu begreifen, dass der Tod unwiderruflich ist und stellen viele Fragen. Strukturierte Gruppenangebote unterstützen sie dabei, ihre Gefühle auszudrücken und ein Gefühl von Sicherheit und Verständnis zu erleben. Jugendliche und junge Erwachsene wiederum ziehen sich oft zurück und zeigen ihre Trauer stiller. Für sie sind Gesprächsrunden, Erinnerungsbücher oder kreative Projekte besonders wertvoll, da sie ihnen einen geschützten Raum geben, ihre Gefühle mitzuteilen.

„Unsere Arbeit besteht darin, Kindern und Jugendlichen Werkzeuge an die Hand zu geben, um ihre Trauer zu verarbeiten“, so Christine Joos, Leitung Lacrima Neu-Ulm. „Wir nutzen Rituale, kleine Bastelaktionen oder Erinnerungsbücher, um die Trauer erfahrbar zu machen, ohne dass sie überwältigend wird.“ Ergänzt wird dieses Angebot um Gesprächskreise, in denen Jugendliche über ihre Erinnerungen und Gefühle sprechen können. „Hier erfahren sie, dass Trauer normal ist und dass sie mit anderen, die ähnliche Verluste erlebt haben, nicht allein sind“, erklärt Viviana Boy, Leitung Kempten.

Für Eltern und Angehörige ist es oft schwer zu wissen, wie sie Kinder und Jugendliche in ihrer Trauer unterstützen können. Lacrima rät dazu, offen über Gefühle zu sprechen, Rituale zu schaffen und kreative Ausdrucksformen zu nutzen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Kinder einen verlässlichen Alltag erleben, der ihnen Sicherheit gibt. Auch die Trauer der Eltern selbst sollte ernst genommen werden. Nur wer die eigene Trauer wahrnimmt, kann Kinder wirklich in ihrer Trauer begleiten.

Die Trauerbegleitung bei Lacrima ist kostenfrei und niedrigschwellig. Familien können jederzeit unverbindlich „schnuppern“, um das Angebot kennenzulernen. An allen drei Standorten zeigt sich immer wieder, wie stark Rituale und kreative Ausdrucksformen die Trauerarbeit unterstützen. Kinder bemalen Kerzen, basteln Laternen oder gestalten Erinnerungsbücher. Jugendliche sammeln Fotos, kleine Texte oder Lieblingsgegenstände der verstorbenen Person und schaffen so persönliche Erinnerungsstücke. Am Ende werden diese Lichter entzündet oder die Erinnerungsstücke gemeinsam besprochen – eine Erfahrung, die Trost spenden und Erinnerungen lebendig halten kann.

Wer selbst aktiv werden möchte, kann sich auch als ehrenamtliche Trauerbegleitung engagieren. Lacrima bietet Online-Infoabende an, in denen Interessierte Einblick in Aufgaben, Ausbildung und Einsatzmöglichkeiten erhalten. Die Veranstaltungen richten sich an alle Interessierten aus Augsburg, Kempten und Neu-Ulm. Nach Anmeldung erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Zoom-Zugangsdaten rechtzeitig per E-Mail. Termine: Freitag, 12. Dezember 2025, Freitag, 16. Januar 2026, Freitag, 13. März 2026 und Mittwoch, 10. Juni 2026. Die Infoabende werden von den Leitungen der Standorte  jeweils um 20 Uhr durchgeführt.

„Wer sich als Ehrenamtliche*r engagiert, gibt Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, Verlust zu erleben, zu verstehen und zu verarbeiten“, sagt Gabriela Becker. „Dabei erleben auch die Ehrenamtlichen selbst, wie erfüllend und wertvoll diese Arbeit ist.“ Wer Interesse hat, kann weitere Informationen zu Lacrima jederzeit unter www.johanniter.de/lacrima/bayerisch-schwaben abrufen.

Die wichtigsten Tipps für den Umgang mit Trauer bei Kindern und Jugendlichen

  • Offen über Gefühle sprechen: Ehrliche Gespräche über Verlust und Trauer schaffen Vertrauen und Verständnis.
  • Rituale gestalten: Lichter anzünden, Gedenkbücher oder Erinnerungsboxen helfen, Gefühle sichtbar zu machen.
  • Kreative Ausdrucksformen nutzen: Malen, Basteln oder Schreiben unterstützt Kinder und Jugendliche, Emotionen zu verarbeiten.
  • Alltagsstruktur beibehalten: Routinen geben Sicherheit und Stabilität in einer emotional belastenden Zeit.
  • Eigene Trauer reflektieren: Eltern und Angehörige sollten ihre eigenen Gefühle ernst nehmen, um Kinder bestmöglich begleiten zu können.
  • Gemeinschaft erleben: Austausch in Gruppen oder Gesprächskreisen zeigt jungen Menschen, dass sie nicht allein sind.