Stellungnahme

Rettung des Rettungsdienstes

In den letzten Wochen und Monaten wurde aufgrund von Unterstützungsanfragen an die Hilfsorganisationen - insbesondere in kommunalisierten Rettungsdienstbereichen – deutlich: Der Rettungsdienst ist überlastet!

Grund für die Überlastung sind unter anderem die Transporte im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion. Die Zahl der Infektions-Transporte in Brandenburg steigt täglich an. Jeder Transport eines infizierten Patienten erfordert Sorgfalt, ist aufwändig und anstrengend. Die Desinfektion eines Fahrzeugs kann bis zu einer Stunde dauern. Zudem werden die Wege zu aufnahmebereiten Krankenhäusern immer länger, die freien Betten immer weniger. Auch die Zahl der infizierten Einsatzkräfte steigt. Personelle Ressourcen sind kaum bis gar nicht vorhanden.

Um dem zu begegnen, werden Notlagen für die Mobilisierung des Katastrophenschutzes ausgerufen. Im Bereich des Katastrophenschutzes sind viele Fachkräfte nicht ausreichend qualifiziert, die für eine adäquate fachliche und pflegerische Versorgung sowie Transport von infizierten Patenten notwendig sind. Erschwerend kommt hinzu, dass uns in den letzten Jahren durch Kommunalisierung in vielen Landkreisen der Rettungsdienst entzogen wurde. Nun fehlen den kommunalen Rettungsdiensten nicht selten genau diese Fähigkeiten und Potentiale einer Hilfsorganisation.

Vor dem Hintergrund fehlender Ressourcen ist nicht akzeptabel, dass nun einfach einzelne Rettungsfahrzeuge zeitweise aus der Vorhaltung genommen werden. Unverständlich auch, dass dann Transporte infektiöser Patienten auf ehrenamtliche Einheiten des Katastrophenschutzes übertragen werden. Die Kommunalisierung führt zur Entkopplung von Rettungsdienst und Katastrophenschutz. Die Helfer sind wegen der fehlenden Übung für diese speziellen Einsätze nur unzureichend vorbereitet.

Während weitere Brandenburger Landkreise sehenden Auges auf die gleichen katastrophalen Bedingungen durch Beschlüsse zur Kommunalisierung des Rettungsdienstes zusteuern, zeigen die ersten Landkreise und kreisfreien Städte, dass es für die Bevölkerung besser ist, starke Partner im Bereich des Rettungsdienstes zu haben.

Anfragen einzelner Rettungsdienstbereiche zur Besetzung sogenannter Spitzenlast-Rettungswagen konnten bereits durch die Johanniter in Brandenburg realisiert werden. Aufgrund der zeitlichen Befristungen ist diesen Mitarbeitern allerdings keine Perspektive gegeben.

Bessere Voraussetzungen für die Mitarbeiter wurden z.B. in der Uckermark geschaffen. Hier wurde durch einen transparenten Vergabeprozess der Betrieb einer kompletten Rettungswache an die Johanniter-Unfall-Hilfe vergeben. Hier zeigt es sich auch, dass die von einigen Landkreisen argumentativ herangezogene europaweite Ausschreibung in Brandenburg nicht zur Anwendung kommen muss.

Nach §10 Brandenburgisches Rettungsdienstgesetz kann die zuständige Behörde (Träger des Rettungsdienstes) Leistungserbringer mit Aufgaben des öffentlichen Rettungsdienstes beauftragen. Das gilt sowohl für gemeinnützige Organisationen als auch für Private. Den Kreis der Leistungserbringer kann die Behörde jedoch beschränken – und zwar auf

  1. gemeinnützige Organisationen im Sinne des § 107 Absatz 1 Nummer 4 GWB
  2. deren Mitwirkung im Katastrophenschutz in der betreffenden Region die zuständige Behörde zugestimmt hat.

Es kann also ein Auswahlverfahren unter Berufung auf die Bereichsausnahme erfolgen, und zwar in Gestalt eines verwaltungsrechtlichen (transparenten, fairen und diskriminierungsfreien) Auswahlverfahrens unter Beschränkung auf gemeinnützige Organisationen, die gemäß § 18 Absatz 1 des Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes im Katastrophenschutz mitwirken.

Das Land Brandenburg hat infolge der EU-Vorgaben Möglichkeiten geschaffen, einem Auseinanderdriften von Rettungsdienst und Katastrophenschutz im Interesse einer integrierten Gefahrenabwehr entgegenzuwirken. Ziel ist hier auch die Integration und Stärkung der fachlichen Qualifikation innerhalb der im Katastrophenschutz mitwirkenden freiwilligen Hilfsorganisationen, um diese Ressourcen auch im Katastrophenfall nutzen zu können.

Die Johanniter des Landesverbandes Berlin/Brandenburg wären Ihnen dankbar, wenn Sie sich im Interesse der Einwohner Brandenburgs für eine umfassendere Berücksichtigung der Hilfsorganisationen im Rettungsdienst stark machen.

Der Landesvorstand