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24.06.2025 | Dienststelle Ortsverband Oldenburg

Großeinsatz nach Massenschlägerei

Realistische Übung mit rund 200 Beteiligten soll Notfallsanitäter-Azubis auf Ernstfall vorbereiten

Das es kein gewöhnlicher Einsatz werden würde, ahnte die Besatzung des ersteintreffenenden Rettungswagen schon bei der Anfahrt. „ALS gelb Z. n. Körperverletzung bei Hallenturnier“ lautete die Alamierungsmeldung. Vor der Sporthalle Gristede angekommen näherte sich eine junge Frau mit blutender Nase dem Rettungswagen. Doch bevor sie tätig werden konnten, stürmte schon eine Gruppe Vermummter mit brennenden Bengalfackeln und „Haut ab! Haut ab!“-Gebrüll auf die Retter zu. Der Fahrer des RTW gab Gas und brachte Fahrzeug und Besetzung erstmal in Sicherheit. Genau richtig. „Uns kam es darauf an, dass die RTW-Besatzung schnell reagiert, Eigensicherung betreibt und die Polizei nachalarmiert, bevor sie sich der Gefahr eines Angriffs aussetzen“, erklärt Leon Leßmann, Notfallsanitäter und Lehrkraft an der Notfallsanitäterschule der Johanniter in Oldenburg. Zusammen mit seinem Kollegen Philipp Wichmann hat er die Übung mit rund 200 Beteiligten in der Gemeinde Wiefelstede organisiert. Die Alarmierung erfolgte scharf. Weder Rettungskräfte noch die Frauen und Männer von Feuerwehr und Polizei waren informiert. Die Herausforderung: Sonst ist bei Übungen meistens Schluss, wenn der Rettungwagen abrückt. „Wir haben die Ammerland-Klinik in Westerstede in die Übung mit eingebunden“, erzählt Wichmann. Die dortigen Mitarbeitenden, Krankenpflegekräfte und Ärzte, hatten ebenfalls keine Ahnung, dass die Alarmmeldung „MANV Traumatologisch“ mit der Diagnose „aus MANV Massenschlägerei“ nur eine Übung war.

Doch zunächst ging es in der Sporthalle Gristede richtig rund. Die von der RTW-Besatzung alarmierte Bereitschaftspolizei Oldenburg traf mit rund 20 Beamtinnen und Beamten ein. Nach einer kurzen Lageorientierung erfolgte der Zugriff. Die Vermummten mit der Pyrotechnik, Angehörige des Schwarzen Blocks eines Sportvereins, flüchteten in die Sporthalle und versuchten sich dort unter die anderen Zuschauer zu mischen. Die Polizeikräfte separierten die aggressiven Randalierer in einer Ecke der Halle, einige wurden auch mit Handfesseln fixiert. Erst dann konnten die zahlreich nachalarmierten Rettungskräfte die Behandlung der Verletzten übernehmen. Da einige Zeugen des Geschehens offensichtlich zutiefst schockiert oder sogar traumatisiert waren, forderte der Organisatorische Leiter (OrgL) die Psychosoziale Notfallversorgung des Ortsverbands Oldenburg der Johanniter-Unfall-Hilfe an.

Derweil kamen die Rettungskräfte, alles Auszubildende zum Notfallsanitäter oder zur Notfallsanitäterin aus allen drei Ausbildungsjahren, ordentlich ins Schwitzen. Begleitet jeweils von einem Beobachter oder einer Beobachterin mussten sie sich um die Verletzten kümmern und sie angemessen behandeln. Dabei war von einfachen Prellungen bis zum lebensgefährlichen offenen Schädel-Hirn-Trauma alles dabei. Um es noch komplizierter zu machen, war ein Unfall eines Einsatzleiters auf Anfahrt. Aufgrund des Bergungseinsatzes der  Freiwilligen Feuerwehr Gristede wurde die Zufahrtsstraße gesperrt. Die Retterinnen und Retter mussten daraufhin über dieselbe Straße abrücken, über die sie auch angefahren waren. Ein Alptraum bei der Enge der Straßen und der Vielzahl an Einsatzwagen, was zur Komplexität der Lage beitrug. Dabei wurden auch Fehler gemacht. „Das ist normal und auch von uns so beabsichtigt“, erklärt Leon Leßmann. Schließlich sollen die Übenden genau aus diesen Fehlern lernen und dann später im Realeinsatz nicht machen. Deshalb gab es direkt im Anschluss ein Feedbackgespräch mit den Beobachtenden. Und anschließend – auch vegetarische - Hot Dogs, gesponsert von IKEA.

Text und Fotos: Stefan Greiber