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// Petra arbeitet als Qualitäts- und Hygienebeauftragte im Johanniter-Haus Dietrichsroth.

Wenn Petra etwas macht, dann macht sie es richtig. Sie ist eine Perfektionistin, und sie weiß, dass es vielen Frauen ähnlich geht. Viele würden am liebsten auf allen Hochzeiten tanzen, wollen Karriere machen und gleichzeitig die perfekte Mutter und Partnerin sein. Dass diese Ansprüche an einem zerren können, weiß auch Petra. Und sie hat die Erfahrung gemacht, dass man manchmal eine Entscheidung treffen muss. 

Nach dem Abitur träumt Petra davon, Kunst oder Innenarchitektur zu studieren. Es sind die 70er Jahre, Petra ist jung und abenteuerlustig, hat sogar ein eigenes Motorrad. Mit Freunden macht sie Touren in den Bergen, um sich an den Kurven auszuprobieren. Dass Motorradfahrer zu dieser Zeit als „Rocker“ gelten, ist ihr egal. Doch die 68er Bewegung ist nicht lange her, die Emanzipation steckt noch in den Kinderschuhen. Bis 1977 dürfen Frauen per Gesetz nur arbeiten gehen, wenn sie auch genug Zeit für Haushalt und Kinder übrig haben. Auch die Karrieremöglichkeiten sind für sie begrenzt. Darum raten Petras Eltern ihr: „Mach lieber was Vernünftiges“. 

Petra muss abwägen. Schließlich entscheidet sie sich dafür, dem Rat zu folgen, macht eine Ausbildung zur Krankenschwester. Nach dem Examen wird sie Stationsschwester in einem Krankenhaus – mit Schwesterntracht, Tütenhaube und Brosche auf der Brust. Petra ist pflichtbewusst, will alles richtig machen. Sie steigt auf, arbeitet zehn Jahre lang als Obernachtwache in einem Krankenhaus und hilft dabei, Leben zu retten. Sie mag ihren Beruf, es macht ihr Freude, zu sehen, wie es den Menschen auf der Station besser geht, wie sie wieder gesund werden. 

Doch dann kommt ein Moment in Petras Leben, in dem sie eine Entscheidung treffen muss. Sie wird Mutter. Petra weiß, dass der Schichtdienst und die Überstunden im Krankenhaus ihr kaum erlauben werden, für ihren Sohn da zu sein. Nach vielen Jahren im Beruf entscheidet Petra sich dafür, Mutter zu sein. Und wenn sie etwas tut, dann richtig. 

Für Petra ist die Familie immer ein sicherer Hafen gewesen. Auch sie hat ein liebevolles, geborgenes Elternhaus erlebt. Das möchte sie an ihre beiden Söhne weitergeben. Darum entschließt sie sich dazu, im Job auszusetzten, und das nicht nur für kurze Zeit. Ganze 14 Jahre widmet sie sich ganz ihren Kindern. Es ist eine Wahl, die Petra voller Überzeugung trifft. Sie will da sein, wenn die Jungs von der Schule kommen, will ihnen Sicherheit geben. Denn Petra glaubt fest daran, dass die Kindheit für ein Leben lang prägt und dass man bestimmte Dinge nur in dieser wichtigen Zeit lernen kann. Zum Beispiel Strukturen im Alltag, die Halt und Geborgenheit geben. 

All die Jahre ist Petra Mutter aus Leidenschaft. Doch als Paul und Ruben Teenager sind und nicht mehr so viel Aufmerksamkeit brauchen, möchte sie sich eine neue Herausforderung suchen. Sie will nur ein paar Stunden am Vormittag arbeiten und am Nachmittag für ihre Jungs da sein. 2005 findet Petra eine Stelle im Johanniter-Haus Dietrichsroth, wo sie zunächst in der Beschäftigungstherapie tätig ist. Dass dieser Job der Beginn einer neuen Karriere ist, ahnt sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. 

Als sie Mutter wurde, hat Petra sich dafür entschieden, ihre Karriere als leitende Krankenschwester an den Nagel zu hängen. Bereut hat sie es nie. Und sie hat auch nicht gedacht, dass sie nochmal in einer Position mit viel Verantwortung arbeiten würde. 

Im Johanniter-Haus Dietrichsroth unterstützt Petra die Bewohnerinnen und Bewohner vier Jahre lang vormittags bei den verschiedensten Aktivitäten. Doch dann bekommt sie eine andere Stelle angeboten. Als Qualitäts- und Hygienebeauftragte trägt sie nun Verantwortung für viele Arbeitsprozesse – von der Aufnahme bis hin zur Pflege und Medikamentengabe. Ihr Perfektionismus kommt ihr da zugute. Denn Petra muss aufs Detail achten, muss herausfinden, wie man Dinge anders machen und Prozesse verbessern kann. 

Petra gefällt ihre neue Aufgabe. Aus einer Halbtagsstelle wird bald ein Vollzeitjob. Ihre Söhne sind nun quasi erwachsen, machen Abitur, beginnen ein Studium. Trotzdem wohnen sie noch einige Zeit zuhause. Lange konnte Petra sich nur schwer vorstellen, wie es mal sein wird, wenn sie das Nest verlassen. Doch als es soweit ist, kann sie gut damit umgehen. „Alles hat eben seine Zeit“ weiß sie heute. 

Schließlich hat sie selbst jetzt auch eine neue Herausforderung. Und außerdem eine Menge Hobbies. Sie findet noch immer gefallen an Kunst und Design: Zuhause ist die Inneneinrichtung nie fertig, immer wieder hat Petra neue Gestaltungsideen: Antiquitäten, moderne Klassiker, an den Wänden hängt Kunst, an Weihnachten verschickt sie selbst gezeichnete Weihnachtskarten. Kreativität ist eben doch ihr Ding.

17 Jahre sind vergangen, seitdem Petra ihre zweite Karriere gestartet hat. Nun ist sie in Rente gegangen. Ein neuer Lebensabschnitt wartet auf sie. Und eins ist sicher: Petra wird ihn mit genauso viel Leidenschaft begehen wie alle Vorangegangenen auch.