Cornelia

// Cornelia arbeitet als Betreuungsmitarbeiterin im Diakoniezentrum Bethesda Eisenberg.

Mit 45 krempelt Cornelia ihr Leben noch einmal komplett um. Als sie nach 25 Jahren Arbeit in der Landwirtschaft nicht mehr weitermachen kann, gerät die heute 57-Jährige in eine Krise. Sie fühlt sich zunächst verloren und ohne berufliche Perspektive. „Ich war damals wirklich ganz unten, ich wusste überhaupt nichts mehr mit mir anzufangen“, erinnert sie sich schweren Herzens zurück. 

Es ist nicht gerade einfach, sich das vorzustellen, denn die aus Sachsen-Anhalt stammende Frau mit dem offenen Gesicht und den neugierig blickenden Augen wirkt zugewandt, lebhaft – und außerordentlich lebensfroh. Doch als sich Cornelia damals dazu entscheidet, ihre gewohnten Pfade zu verlassen und noch einmal ganz von vorn anzufangen, steht sie vor dem Nichts. Dass für sie bei den Johannitern ein ganz neues Kapitel in ihrem Leben beginnt, kann sie sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen. 

Aber so ist es – die Arbeit in der Altenpflege ist Cornelias Neuanfang. Wenn sie über diesen Wendepunkt in ihrem Leben spricht, fangen ihre freundlichen Augen noch mehr an zu strahlen. Die anfängliche Unsicherheit, noch einmal mit etwas komplett Neuem zu beginnen, ist schon beim ersten Arbeitstag wie weggefegt. „Ich fühlte einfach, hier war ich richtig – und bis heute bewahrheitet sich das jeden Tag“, berichtet sie entzückt. 

Seither hat ihr die Arbeit unglaublich viel Erfüllung und Freude geschenkt, sagt sie – trotz dessen, dass die Tätigkeit einer feinfühligen Person wie Cornelia manchmal viel abverlangt. „Manchmal mache ich mir zu viele Sorgen um meine Patientinnen und Patienten, weil ich eben doch sensibel bin. Die Herausforderung für mich ist schon, dass ich mich nicht zu sehr reinknie“, räumt sie ein. 

Über die eigenen Stärken und Schwächen offen zu sprechen ist nicht gerade einfach. Aber Cornelia zeigt echte Stärke, auch weil sie sich heute trotz ihrer Schwächen akzeptieren kann. Mit ihrem Berufswechsel in die ambulante Betreuung findet sie ein Umfeld, in dem ihre Sensibilität Gold wert ist. Tag für Tag geht Cornelia durch ihre einfühlsame Ader wie von selbst auf ihre Patientinnen und Patienten und deren Bedürfnisse ein – sie kann sich in ihre kleineren und größeren Leiden auch wirklich hineinversetzen. Aus eigener Erfahrung weiß sie, wie klein man sich in schweren Stunden fühlen kann. „Meine beste Freundin Simona sagte in schwierigen Momenten immer zu mir: Nur keine Bange, du bist doch auch jemand! Und genau das sage ich heute immer zu meinen Patientinnen und Patienten“, bekräftigt sie mit einem liebevollen Nachdruck in der Stimme. Cornelia beweist, dass Sensibilität und Stärke kein verschiedenes Paar Schuhe sind – diese Weisheit gibt sie an ihre Patienten in schweren Stunden weiter. Und das allein gebe ihr sehr viel. 

Doch Sensibilität allein ist bei Weitem noch nicht alles, was die 57-Jährige ausmacht. Denn mit derselben entwaffnenden Aufrichtigkeit, mit der sie über ihre Ecken und Kanten spricht, geht sie auch an ihre täglichen Arbeitsaufgaben heran – und lockt selbst noch die bzw. den skeptischsten ihrer Patientinnen oder Patienten aus der Reserve. „Die Menschen merken es, wenn jemand ehrlich oder nur aufgesetzt ist. Und ich habe eigentlich noch nie was Aufgesetztes gehabt. Wenn mir zum Weinen zumute ist, dann wein ich auch“, gibt sie unverblümt zu.  

Cornelia selbst wiederum findet in guten sowie in schlechten Zeiten Halt und Unterstützung bei ihrer Familie und ihrem Mann Jürgen. Selbst nach 38 Ehejahren scheint es ganz so, als kämen die beiden immer noch füreinander ins Schwärmen. Während Cornelia sich als sensibel beschreibt, hat ihr Mann Jürgen vor allem drei Worte für seine Frau: Cornelia, die ist schön, intelligent und taff. Und fragt man Cornelia nach ihrem Mann antwortet sie leise: „Ja, der war immer für mich da, er hat mir von Anfang an Sicherheit gegeben.“

Sicherheit, die in so manchen Momenten von Nöten war. Denn einer der sicherlich schwersten Momente in Cornelias Leben war die Krebserkrankung und der frühe Tod ihrer besten Freundin Simona. Obwohl die beiden unterschiedlicher nicht hätten sein können – Simona eher derb, Cornelia sensibel – „haben wir uns immer wieder gesucht“, erzählt Cornelia. Da kommt auch das Leben nicht dazwischen. Von der ersten Klasse bis zu den letzten Momenten begleiteten die beiden Freundinnen sich. Und bei solch lebenslangen Verbindungen wie von Cornelia und Simona scheint es, als ob auch der Tod sie nicht trennen kann. Denn hört Conny sie manchmal noch von oben sagen: „Jetzt reiß dich mal zusammen“. „So wie sie es, als wir noch jünger waren, auch immer zu mir gesagt hat“, sagt Cornelia – mit einem lachenden und einem weinenden Auge.