Doreen

// Doreen arbeitet als Pflegehelferin in der ambulanten Pflege im Diakoniezentrum Bethesda Eisenberg.

„Ich hab´ nur ein einziges Mal von Opa geträumt. Er kam im Traum auf mich zu und hat gesagt: Meine Gute, mach dir keine Sorgen, mir geht‘s gut“, erzählt Doreen – immer noch mit einem leichten Staunen in der Stimme. Wenn sich die 35-Jährige an jenen prägenden Moment, der sie in ein Wechselbad der Gefühle stürzte, zurückerinnert, wird ihre lebhafte Stimme plötzlich ganz ruhig. Ihre Erinnerungen scheinen von weit weg zu kommen.  

Am 28. Januar 2010, Doreen ist da gerade mal 24 Jahre alt, stirbt ihr Opa – und nur wenige Stunden später kommt ihre Tochter Elina als Frühgeburt zur Welt. „Der Opa, das war für mich so eine unfassbar wichtige Person“, erzählt sie mit Nachdruck. Doreen kann ihrer Trauer über den Verlust des Großvaters durch die Freude und Sorge über die Ankunft ihrer kleinen Tochter erst mal keinen Raum geben. Und die Sorge ist anfangs groß – denn ihre kleine Tochter muss anfangs noch künstlich ernährt und beatmet werden.

Eine schwere Zeit für die noch so junge Frau. Doch die Geburt von Elina gibt ihr auch Halt. „Jetzt ist alles gut“, berichtet sie und schüttelt den belegten Unterton in ihrer Stimme merklich ab. Für die Thüringerin ist ihre „kleine Familie“, wie sie sie liebevoll nennt, Kraftquelle, Rückzugsort und Energiespender – alles in einem. „Meine Familie, mein Zuhause, das ist mein Halt“, sagt sie. 

Eine Gabe, die Doreen auch in ihrem Berufsleben einsetzt: Kraft aus den Verbindungen mit ihren Mitmenschen schöpfen. Denn auch wenn die junge Frau, die ursprünglich aus der Gastronomie kommt, nie Altenpflegerin werden wollte, kann sie sich jetzt gar nichts anderes mehr vorstellen. „Ich habe mich neulich mal gefragt, was mir noch zusagen würde. Aber nein, es gibt nichts“, erzählt sie lachend. Doreen spricht über ihre Arbeit in derselben Weise, wie sie selbst auf andere wirkt: geradlinig, aufgeschlossen und warmherzig. „Ich habe von den alten Menschen schon so viel gelernt und so viel mitgenommen. Das sind nicht einfach irgendwelche alten Omis und Opis – in diesem Beruf wächst man richtig aneinander“, erklärt sie ergriffen. 

Und auch sie selbst ist gewachsen. Die bodenständige junge Frau geht heute mit viel mehr Vertrauen an das Leben und ihre Arbeit heran, auch sonst ist sie besonnener geworden. Früher, sagt sie, sei man eher mit der „rosaroten Brille“ durchs Leben gelaufen. Durch den Job und ihre Erfahrungen ist Doreen heute voll und ganz am Leben orientiert – mit all seinen Höhen und Tiefen. „Dadurch, dass ich in diesem Job arbeite, weiß ich ganz genau, was mich mal erwarten könnte – und dass jeder von uns mal Hilfe braucht“, erklärt sie geduldig.  

Vielleicht liegt es an ihrem Beruf, vielleicht auch an den prägenden Erfahrungen, die sie schon in jungen Jahren gemacht hat – Doreen weiß jedenfalls, was für sie im Leben zählt. Deshalb handelt sie unverstellt danach. Auch wenn das bedeutet, dass es Menschen mit großem Herzen, wie sie es hat, manchmal wahrhaftig an ihre Grenzen bringt. „Wenn man Bewohnerinnen und Bewohner jahrelang betreut und die müssen dann doch gehen, da tut man sich schon ganz schön hart“, erklärt sie und fügt hinzu: „Aber wenn es mich eiskalt lassen würde, dann wäre ich für den Beruf wahrscheinlich sowieso nicht geeignet“. 

Ihren Alltagsausgleich findet die 35-Jährige beim Spazierengehen mit den zwei Familienhunden, beim Motorradfahren in der Natur mit ihrem Partner und bei einem ausgiebigen Frühstück mit ihrer Familie. „Aber wir machen auch einfach mal gar nichts“, scherzt sie – auch wenn man sich das schlecht vorstellen kann. In Sachen Alltagsorganisation mit Job, Haushalt und Familie schimmert bei ihr nämlich ein ausgeprägtes Organisationstalent durch – oder besser gesagt: Bei Doreen ist ein typischer Montagmorgen durchgetaktet wie ein Schweizer Uhrwerk. Wenn nämlich morgens um halb fünf der Wecker bei ihr klingelt, werden Partner, Kind, Hunde und sie selbst alle nacheinander ruckzuck versorgt – bevor sie sich dann wieder mit vollem Einsatz ihrer Arbeit zuwendet. 

Man braucht nicht viel, um glücklich zu sein, nur die richtigen Menschen um sich herum – das könnte Doreens Devise sein. Sie selbst sagt, dass sie es sich mit ihrer Familie in ihrem kleinen Häuschen in Ahlendorf an der Elster richtig gemütlich gemacht hat. Ob es etwas gibt, das ihr zu ihrem Glück vielleicht doch noch fehlen würde? „Einfach mehr Zeit zu Hause. Kein Geld der Welt oder sonst irgendetwas nützt mir etwas, wenn ich meine Familie nicht habe“.