11.05.2022 | Regionalgeschäftsstelle Hannover

Alte Hasen mit neuer Aufgabe – mit Ü50 im Freiwilligendienst

Axel Jewski (60) und Dirk Friedrichs (57) nutzen ihren „engagierten Ruhestand“ und sind Bufdis bei den Johannitern

Freiwilligendienst, das ist doch was für junge Leute direkt nach der Schule, oder? Sie überbrücken damit die Zeit bis zur Ausbildung oder dem Studium, machen erste Arbeitserfahrungen und bekommen dafür ein Taschengeld. Für das Freiwillige Soziale Jahr ist es tatsächlich so. Nicht aber für den Bundesfreiwilligendienst, kurz BFD. Für ihn gibt es keine Altersgrenze, die Dauer liegt zwischen sechs und 24 Monaten, die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. „Der Bundesfreiwilligendienst ist ein Angebot an Frauen und Männer jeden Alters, sich außerhalb von Beruf und Schule für das Allgemeinwohl zu engagieren“, so wird der BFD vom Bundesamt für Familien und zivilgesellschaftliche Aufgaben beschrieben. Das kann auch für Menschen fortgeschrittenen Alters spannend sein. Zwei, die sich nach vielen Jahren im Beruf auf das Abenteuer BFD eingelassen haben, sind Axel Jewski (60) und Dirk Friedrichs (57). Sie arbeiten zurzeit bei den Johannitern in Hannover.

Axel Jewski absolviert sein BFD in der Verwaltung des Nordhannoverschen Ortsverbandes (OV) in Langenhagen. Dirk Friedrichs engagiert sich in seiner Vorruhestands-Phase als Erste-Hilfe-Trainer im OV Hannover-Leine. Die zwei erleben alles, was einen Bundesfreiwilligendienst ausmacht. Sie arbeiten 40 Stunden pro Woche, bekommen ein monatliches Taschengeld von knapp 500 Euro – zusätzlich zur Pension – und leisten Gutes. Für die beiden gilt eine besondere BFD-Variante, denn als Beamte der Deutschen Telekom können sie nach diesem Jahr des gesellschaftlichen Engagements vorzeitig in Pension gehen. Dank des BFD erfüllen Jewski und Friedrichs die Bedingungen für den so genannten „engagierten Ruhestand“. Dieses Programm ermöglicht Beamtinnen und Beamten von Postnachfolgeunternehmen, das Arbeitsleben früher als ursprünglich gedacht zu beenden.

Axel Jewski hat sich (wie die meisten Bundesfreiwilligendienstleistenden) online beworben. Nach einer Hospitation in der Johanniter-Kleiderkammer „Nahtstelle“ in Langenhagen beschloss er, sich dort zweimal in der Woche ehrenamtlich zu engagieren. Sein Ankommen in der Einrichtung beschreibt er so: „Es war einen Glücksfall, dass ich in der Nahtstelle gelandet bin. Nach ein paar Wochen Ehrenamt wusste ich, wo ich meinen engagierten Ruhestand verbringen will.“ Für die Sonderregelung der Postnachfolgeunternehmen muss er innerhalb von drei Jahren entweder 1.000 Stunden ehrenamtlich ableisten oder einen BFD absolvieren. Johanniter-Dienststellenleiter Tim Heinrich brachte die BFD-Stelle auf den Weg und sagt: „Helfende Hände sind in unserem Ortsverband immer willkommen. Vor allem für den gerade vollzogenen Umzug unserer Dienststelle in die ehemalige Langenhagener Eishalle brauchten wir Unterstützung, denn die Rettungswache ist rund um die Uhr im Betrieb. Für so einen Prozess sind eine gute Koordination und hohe Verlässlichkeit essenziell“, so Heinrich.

Sein Kollege Stefan Sawade, Dienststellenleiter der Johanniter in Hannover und zuständig für Dirk Friedrichs, freut sich über BFD-Bewerbungen von älteren Menschen: „Ein guter Bufdi-Personalmix besteht aus jungen, meist noch nicht so in der Berufswelt erfahrenen Freiwilligen und denen, die sich im beruflichen Alltag bestens auskennen, aber für sich noch neue Aufgaben suchen. Wir haben bereits mehrfach gute Erfahrungen aus dem Einsatz bei uns im Bereich der Hausnotruf-Technik sammeln dürfen. Wir haben sogar schon BFDler nach ihrer Zeit als hauptamtliche Mitarbeiter übernommen. Aktuell liegt uns wieder eine Interessenbekundung vor.“

Wie das Arbeitsleben funktioniert, wissen die beiden „Senior-Bufdis“ ganz genau. Axel Jewski arbeitete fast 40 Jahre lang in Projektgeschäften bei der Deutschen Telekom. Für den gelernten Fernmeldehandwerker ist es interessant, neue Erfahrungen im Rahmen des BFDs zu gewinnen. „Etwas Neues lernen kann man immer. Dafür sind nur eine gewisse Offenheit nötig und natürlich der Wunsch, es auch zu wollen“, sagt er. „Seit meinem Start im Sommer 2021 konnte ich meine Einblicke in die Arbeit einer Hilfsorganisation von der Schnittstelle zwischen Ehren- und Hauptamt aus vertiefen. Außerdem bin ich auch noch Erste-Hilfe-Ausbilder geworden.“

Für seinen Kollegen Dirk Friedrichs ist das Aufgabenspektrum im BFD ganz anders als bei seiner früheren Tätigkeit. Der ehemalige Senior Referent der öffentlichen Telekommunikation betreute 26 Jahre lang die öffentlichen Telefonstellen in Hannover. Als Erste-Hilfe-Trainer bringt er nun seit Mitte Oktober 2021 Menschen bei, wie sie sich in Notsituationen verhalten sollten. Diese Kompetenz erlernte der 57-Jährige im Rahmen seines BFDs. Frühmorgens holt Friedrichs sein Equipment ab und fährt danach zum zugewiesenen Kursort. Obwohl er früher vor größeren Gruppen Fachvorträge hielt, erinnert er sich noch an die Aufregung vor seinem ersten Erste-Hilfe-Kurs als leitender Dozent: „Am Anfang herrscht natürlich eine gewisse Nervosität. Denn man weiß nie, welche Fragen die Teilnehmenden stellen werden. Die Sicherheit kommt erst mit der Zeit“. Und die hat er mittlerweile. Mit sich trägt Friedrichs außerdem immer einen zweiseitigen Leitfaden, den er sich extra zusammengestellt hat, um die wichtigsten sowie neue Informationen für die Kurse in Erinnerung zu behalten. Die direkte Arbeit mit Menschen sowie den jungen Kolleg*innen ist für den 57-Jährigen eine ganz neue Erfahrung. „Hier steht der Mensch selbst im Vordergrund. Das Sachwissen zu vermitteln ist nicht das einzige Ziel. Es gibt Teilnehmende, die bereits sensible Situationen erlebt haben. Einigen fällt es daher schwer, gewisse Übungen durchzuführen. Hier ist Empathie gefragt“, erzählt der BFDler.

Den Bundesfreiwilligendienst empfiehlt Friedrichs auf jeden Fall. „Ich rate jedem, der sich weiterentwickeln möchte, zum BFD. Sowohl Jugendlichen, als auch Menschen, die nicht abrupt aufhören wollen zu arbeiten und auch denjenigen, die auf der Suche nach einer anderen Beschäftigung oder neuen Erfahrungen sind“, sagt er. So ähnlich sieht es Axel Jewski. „Der BFD ist ein Traum, das können sich viele nicht vorstellen. Die Wertschätzung, die neuen Einblicke und die persönlichen Kontakte haben mich überzeugt“.

Ein Freiwilligendienst lässt sich bei den Johannitern in vielen Einsatzbereichen absolvieren, z.B. im Hausnotruf und Menüservice, in den Kitas und der Flüchtlingshilfe, in der Tagespflege oder einer Wohngemeinschaft für demenziell erkrankte Menschen. Wer sich für einen Freiwilligendienst interessiert, findet hier freie Stellen johanniter.de/mitmachen.nmi oder schreibt eine E-Mail an mitmachen.niedersachsenmitte@johanniter.de