26.09.2025 | Dienststelle Ortsverband Oldenburg

Amoklauf auf Baustelle

Angehende Notfallsanitäter und Bereitschaftspolizei üben gemeinsam

Hämmern, das Zischen von Schweißgeräten, das Kreischen von Sägen - Geräusche, die typisch sind für eine Baustelle. Doch plötzlich eher untypische Geräusche: Schüsse! Ein Mann feuert mit einer Pistole auf mehrere Menschen. Ehemalige Kollegen, wie sich später herausstellt. Es gibt Verletzte, die Lage ist unübersichtlich und gefährlich. Um auf solche Fälle vorbereitet zu sein, hat gestern die Klasse 08/23 der Notfallsanitäterschule Weser-Ems zusammen mit Beamtinnen und Beamten der Bereitschaftpolizei Oldenburg eine solche Lage geübt. 

In einem ehemaligen Pflegeheim am Küstenkanal kommt es aufgrund der Kündigung eines Mitarbeiters zu einer gefährlichen Situation. Der Gekündigte ist einige Tage nach seiner Entlassung zurück auf der Baustelle, er ist bewaffnet und sucht den Vorarbeiter. Da seine Suche vergebens ist, schießt er auf mehrere ehemalige Kollegen. So beschreiben der Einsatztrainer der Bereitschaftspolizei Oldenburg und der Fachlehrer das Szenario.

Für die Polizei hieß es zunächst das große Gebäude zu sichern und den Täter zu stellen,: Beides gelang zur Zufriedenheit des Einsatztrainers. Während die Einsatztrainer der Polizei das taktische Vorgehen beobachteten, beobachteten vier Fachlehrer der Johanniter-Akademie Campus Oldenburg die medizinische Versorgung durch die Sanitäterinnen und Sanitäter der Polizei. „Hierzu muss man wissen: Solange die Polizei die Einsatzstelle nicht als sicher einstuft, wird diese von dem Rettungsdienst nicht betreten“, erklärt Philipp Wichmann, der diese Übung als Fachlehrer und Praxisanleiter der Johanniter organisiert hatte. Während dieser gesamten Phase bereitete sich bereits der erste Rettungswagen in einer sicheren Umgebung auf die Übernahme von Verletzten vor.

„Einsatzstelle sicher, Rettungsdienst kann vorrücken“, klang es über die Funkgeräte. Die Polizei hatte im Gebäude bereits eine Patientenablage eingerichtet und begonnen eine Sichtung durchzuführen. Diese führte der Rettungsdienst fort und verteilte die Patienten auf die Rettungsmittel. Insgesamt war die Klasse mit zwölf NFS-Auszubildenden, die auf sechs Rettungsmittel aufgeteilt waren, an der Einsatzstelle. Ab dem Eintreffen des Rettungsdienstes wurden die medizinischen Maßnahmen der Auszubildenden von den Beobachtern der Johanniter-Akademie begutachtet. Insgesamt zähltender Rettungsdienst und die Polizei elf verletzte Personen, die in einer engen Zusammenarbeit versorgt werden mussten.
Um 11 Uhr beendete Fachlehrer Wichmann das erste von zwei Szenarien. Anschließend folgten Nachbesprechung in verschiedenen Konstellationen.  

„Wir müssen verstehen, dass in einer MANV-Situation keine Individualmedizin mehr stattfinden kann. Das kennen wir als ‚Rettungsdienstler‘ nicht und das fühlt sich auch nicht gut an!“, erklärt Fabian Bay, Fachlehrer am Johanniter-Akademie Campus Oldenburg. Insgesamt gingen die Übenden mit einigen Verbesserungsvorschlägen und vor allem mit vielen Eindrücken aus dem ersten Szenario und dessen Nachgespräch heraus.
Die Pause diente neben der Aufbereitung der Fahrzeuge auch dem interdisziplinären Austausch und der Verarbeitung der gewonnenen Eindrücke. Während die Realistische Unfalldarstellung (RUD) des Ortsverbandes Oldenburg die Darstellenden vorbereitete und die realistischen Verletzungen schminkte, machte sich die, für den Übungstag errichtete, Leitstelle der Führungs- und Kommunikationseinheit (FüKom) des Ortsverbandes bereit für die Alarmierung des ersten Fahrzeuges. 

Mit einer Verzögerung von wenigen Minuten ging es gegen 12:35 Uhr für die Bereitschaftspolizei erneut in das im Umbau befindliche Objekt. Das Szenario blieb identisch mit dem ersten, jedoch wurden einige Verletzungen geändert oder neu zugeordnet. Erneut musste die Polizei zunächst den Täter finden und das Gebäude sichern. Dies gelang im zweiten Durchgang schneller, was dazu führte, dass die Patientenablage verbessert aufgebaut wurde. „Aus vergangenen Übungen mit der Polizei und dem Rettungsdienst konnten wir mitnehmen, dass die Kennzeichnung in MANV-Lagen essenziell ist und allen bei der Abarbeitung dieser Lagen hilft“, erklärt Leon Hillmann, Fachlehrer an der Johanniter-Akademie und Praxisanleiter an der Rettungswache Oldenburg. Diese Erkenntnisse wurden jetzt umgesetzt. Neben der Kennzeichnung der Funktionstragenden, zum Beispiel der Abschnittleitenden, wurde auch großer Wert auf die Verbesserung der Kommunikation zwischen Polizei und Rettungsdienst gelegt. Auch hier zeigte sich die Notwendigkeit solcher gemeinsamer Übungen.

Im zweiten Szenarien mussten die Übenden neun Verletzte versorgen. In enger Zusammenarbeit zwischen Polizei und Rettungsdienst wurden Transportprioritäten festgelegt, medizinische Versorgungen durchgeführt und Patientenzustände evaluiert. Gegen 14:10 Uhr befinden sich keine Patienten mehr an der Patientenablage, was die Übungsleitung dazu bewegt, die Übung zu beenden. Dass Fachlehrer Dennis Heidenreich anschließend lächelnd das Übungsgelände verlässt, ist ein Zeichen von Zufriedenheit mit dem Ablauf. „Natürlich gibt es bei solchen Übungen immer Verbesserungspotenzial, aber genau deswegen machen wir es ja", stellt Heidenreich fest. "Zwei Szenarien, zwei Einheiten, aber sichtbar eine gute Teamleistung aller Übenden zusammen!" Organisator Wichmann betont, dass sich der Aufwand solcher Übungen immer wieder lohnt und es schön sei zu sehen, wie sich von Szenario zu Szenario die Zusammenarbeit verbessert.

Insgesamt beteiligten sich fünf Einsatztrainer der Bereitschaftspolizei Oldenburg, rund 20 Mitglieder der Bereitschaftspolizei, vier Fachlehrer der Johanniter Akademie Campus Oldenburg, zwölf Auszubildende zum/zur Notfallsanitäter/in aus dem Regionalverband Weser-Ems, drei Ehrenamtliche der Führungs- und Kommunikationseinheit und zwei Schminkende der Realistischen Unfalldarstellung des Johanniter-Ortsverbandes Oldenburg und rund zehn Darstellende von den Johannitern, den Maltesern sowie aus dem Freundes- und Bekanntenkreis.

Text und Fotos: Leon Hillmann, Fabian Bay