03.02.2021 | Regionalgeschäftsstelle Bremen

"Die Ärmel hochgekrempelt und den Impfstoff gepackt"

Ohne die Apothekerin Astrid Herting läuft im Bremer Impfzentrum nichts. Zusammen mit ihrem Team bereitet sie den Impfstoff auf und kümmert sich um die organisatorischen Abläufe.

Astrid Herting hat den „Corona“-Beginn gleich zweimal miterlebt – zunächst in Honkong, etwa 900 Kilometer von Wuhan entfernt, der Stadt in der alles begann. Dann in Deutschland. „Ich weiß noch, dass ich meine Mutter in Bremen anrief und zu ihr sagte, dass sie Desinfektionsmittel, Handseife, Masken und Toilettenpapier kaufen müsse", sagt Astrid Herting und lächelt. In Hongkong sei die Mangelwirtschaft präsenter und die Bedrohung eher zu spüren gewesen, da man dort auch das Trinkwasser abgepackt kaufen müsse. Daher hätten die Chinesen auf die Engpässe noch extremer reagiert, als die Deutschen. „Es wurde sogar ein Lkw mit Klopapier überfallen“, erinnert sie sich. Aber auch Massenproteste gegen die Regierung, Polizeigewalt, Gummigeschosse und die Schließung der Schulen hat sie in Honkong miterlebt. Aktuell arbeitet die 43-jährige Apothekerin für die Johanniter-Unfall-Hilfe im Bremer Impfzentrum. Sie ist froh, nach zwei Jahren in Honkong wieder in Deutschland zu sein und darüber, hier einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten zu können.

Im Impfzentrum Bremen würde ohne die Apothekerin Astrid Herting nicht geimpft werden können. Sie achtet auf die richtige Kühlung des sensiblen Impfstoffes, das Einhalten der Kühlkette beim Transport durch die mobilen Impfteams, das Auftauen, die Verdünnung und Impfstoffzubereitung, letztlich auch auf die Auswahl und Handhabung der Spritzen und Kanülen sowie das Zeitmanagement.

Mit ihrer eigentlichen Tätigkeit als Apothekerin hat die Arbeit im Impfzentrum nur wenig gemein. Im Gegenteil: „Ich habe keinen Kontakt zu den Kunden, berate hier auch keine Kunden. Es ist mehr eine Art Labortätigkeit, Organisation und Planung“, erklärt sie. Nur ein bisschen könne sie auf ihre Erfahrungen aus 15 Jahren in der Apotheke zurückgreifen. „Ich habe als Apothekerin und Chefvertretung auch einiges organisiert, unter anderem ein Sterillabor geplant und zudem im Methadonprogramm gearbeitet.“

Praktisch alle Hoffnungen zur Bekämpfung des Coronavirus würden auf den Erfolg der Impfungen bauen. Da ist sich Astrid Herting sicher. Deshalb müssten auch die gebrauchsfertigen Impfdosen mit größtmöglicher Sorgfalt hergestellt werden. „Diese Abläufe zu organisieren und mögliche Fehlerquellen zu finden, ist meine und im Grunde urpharmazeutische Aufgabe. Alles muss aktribisch geplant, einiges spontan erledigt werden“, erklärt sie. Durch Hongkong habe sie zudem gelernt Krisenmanagement zu betreiben und auf nicht Planbares adäquat zu reagieren, alles zu koordinieren.

An ihrem ersten Tag im Impfzentrum, habe sie in der Hallen-Apotheke nichts vorgefunden. Keine technischen Geräte, keinen Computer, nicht einmal einen Taschenrechner. „Ich habe einen Schnelltest gemacht, Kollegen begrüßt, die Ärmel hochgekrempelt und den Impfstoff für die mobilen Teams gepackt“, erinnert sie sich. „Einer der Sanitäter ist Tischler und hat innerhalb von 24 Stunden mehrere Labor-Tische angefertigt“, erläutert sie. „Mich beeindruckt, wie alle Hand in Hand am gleichen Ziel arbeiten. Die Stimmung in der Halle ist sehr gut, jeder packt mit an, wo er gebraucht wird. Alle wollen möglichst schnell aus dieser Krise kommen.“

Aktuell hofft Astrid Herting darauf, dass weitere Apotheker ihre Mithilfe im Impfzentrum anbieten. „Es wäre Platz für vier Kollegen“, erklärt sie. Derzeit werde sie von zwei Apothekern unterstützt, deren Zeitfenster leider sehr gering seien. Aber auch über deren Hilfe freue sie sich sehr. Weitere Berufskollegen, die Interesse hätten, dabei zu sein, müssten vor allem eines mitbringen: Flexibilität. Denn ein strukturierter Arbeitsalltag, wie in der Apotheke, sei der in der Halle 7 ganz und gar nicht.