06.06.2025 | Johanniter-Schwesternschaft e.V.

Nach-gedacht: Worte zu Pfingsten 2025

Foto: privat

Lieber Johanniterinnen und Johanniter,

nicht Worte, nicht Pläne, nicht Absichten zeigen, wer wir wirklich sind, sondern unsere Gesten, die unseren beruflichen und persönlichen Alltag prägen. Die kleine Bewegung der Hand, die der anderen, suchenden Hand entgegengestreckt wird. Der Blick, der nicht nur sieht, sondern wahrnimmt. Die Ruhe, mit der jemand einen anderen stützt. Die Geduld, mit der gemeinsam etwas ausgehalten wird.

Und gerade in unserem Alltag in den Einrichtungen, liegt die Wahrheit oft nicht im gesprochenem Wort, sondern in dem, was wie geschieht – in der Geste, die vom Geist erzählt, der mein Tun lebendig werden lässt. Und dann kommt mir ein Gedanke von Augustinus in Erinnerung, der die enge Verbindung von Geist als Haltung und Geste als Handlung hervorhebt: Lasst uns menschwürdig leben, dann ist auch unsere Zeit gut. Wie wir sind, so ist die Zeit.“ Unsere geistige Haltung gegenüber den uns anvertrauten „Herren Kranken“ gestaltet grundlegend die Beziehung zu meinem Gegenüber. Und dies gilt nicht nur in Bezug auf die Patientinnen, sondern ebenso auch in Bezug auf unseren Kollegen. Jede Zuwendung wird zur Fürsorge, jedes helfende Wort wandelt die Gegenwart in eine menschliche, lebendige. So ist dann auch unsere Zeit, wie sie im Augenblick gelebt und gestaltet wird, geprägt durch Menschlichkeit, getragen von Hoffnung, eingehüllt in die Geste der Nächstenliebe, die wir täglich schenken, da wir von der Gewissheit leben, dass Gott selbst uns in Jesus so begegnet. Denn Jesus selbst hat darauf verwiesen, dass wir im Umgang mit dem Nächsten, mit der Nächsten Gottesbegegnung haben, ihn selbst begegnen.

Pfingsten – ein sehr gestaltloses Fest gegenüber Weihnachten und Ostern. Aber vielleicht deshalb von so großer Bedeutung, da wir nicht abgelenkt werden durch Geschenke und Rituale. Ganz unspektakulär werden wir an Gottes Geist erinnert, der uns auf unseren Weg durch die Zeit begleiten will, damit wir uns nicht im Zeitgeist verlieren, der, wenn er in die Welt eingehaucht wird, auch schon schnell wieder sich verflüchtigt, ohne tiefgreifende Spuren zu hinterlassen; letztlich nur ein laues Lüftchen. Dieser Geist will in unseren Herzen aufflackern, uns in Bewegung setzen. Diesen Geist hat Jesus damals seinen Jüngern zugesagt, als er sich auf dem Weg gemacht zu seinem Vater, damit sie mit der Gewissheit getröstet werden: Jesus bleibt gegenwärtig durch diesen Geist. 

Und: dieser Geist verwandelt nicht Strukturen, äußere Rahmenbedingungen, sondern zuerst den Menschen, uns selbst. Und so wandeln sich unsere Hände in helfende, unsere Stimmen in tröstende und unsere Augen in sehende. Dort, wo wir einander menschenwürdig begegnen, geschieht Pfingsten. Nicht einmal im Jahr, sondern mitten in unserem beruflichen und privaten Alltag. Es sind eben nicht „die Zeiten“, die kalt, schwierig oder unmenschlich sind. Wir sind es, die durch unser Handeln diesen Zeiten ein Gesicht geben. Unsere Haltung wird zur Atmosphäre der Nächstenliebe. Unsere Geste wird zum Zeugnis der Gottesliebe im Zeichen des Johanniterkreuzes. So zeigen wir dieser Welt, wessen Geistes Kinder wir sein wollen. Als Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen; als Haltung, die nicht fragt, ob sich Hilfe lohnt, sondern ob sie gebraucht wird. Der Geist der Johanniter, der durch den Heiligen Geist lebendig gehalten bleibt, lebt in jedem noch so unscheinbaren Einsatz, in der Pflege, in jedem Gespräch – wenn sie getragen sind von Würde (weil wir alle Gottes Antlitz tragen), Respekt (der in der Begegnung erfahrbar wird) und Zuwendung, (die den Anderen wirklich in seinem Anders sein ernst nimmt).

Liebe Johanniterinnen und Johanniter, so verbindet sich Pfingsten letztlich mit Beruf und Berufung. Was bleibt, wenn der Tag lang war? Vielleicht eine einzige Geste (der Händedruck, das Lächeln, das aufmerksame Schweigen), aber sie kann alles sagen: Du bist nicht vergessen. Ich sorge mich um DICH! Dieser Heilige Geist, der uns mit dem Heiligen, Gott selbst verbinden will sichtbar werden: nicht als Kraft von oben, sondern als Wirklichkeit unter uns, durch uns, mit uns.

Ich wünsche uns allen ein gesegnetes und frohes, lebensbejahendes Pfingstfest.

Bernd Kollmetz, Seelsorger in den Johanniter-Ordenshäusern Bad Oeynhausen