13.10.2023 | Dienststelle Ortsverband Landesbergen

Notfall im Urlaub: Soforthilfe für Landesberger Johanniter

Wann immer Menschen Urlaub machen, können Unfälle passieren. Was passiert, wenn Betroffene im Ausland schwere Verletzungen erleiden? Zwei Landesberger Johanniter haben erlebt, wie rasch der Johanniter-Auslandsrückholdienst hilft.

Der finnische Norden und die spanischen Pyrenäen gelten als touristische Traumziele. Für die Landesberger Heike Hachmeier und Bernd Raake endeten ihre so erwartungsvoll begonnenen Reisen jeweils abrupt. Beide gehören dem selben Freundeskreis an – und beide erlitten nach Unfällen schwere Verletzungen. Glück im Unglück: Heike Hachmeier und Bernd Raake sind über ihren heimatlichen Ortsverband Landesbergen seit Jahren Fördermitglieder der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH). Und sowohl fördernde als auch aktive Mitglieder der JUH können mit dem Johanniter-Auslandsrückholdienst kostenlos nach Hause geholt werden. Der Dienst steht auch Kooperationspartnern sowie Privatpersonen zur Verfügung.


Erreichbarkeit:

Sie erreichen die Alarmzentrale des Auslandsrückholdienstes rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr:


Es ist ein Märztag in diesem Jahr, ein Donnerstag, als Heike Hachmeier stürzt. Mit ihrem Mann Karsten Reckzeh und Freunden ist sie auf Bustour durch Finnland. Winterkälte liegt in der Luft; die Stadt Oulu leuchtet weiß. „Wir haben Glatteis und Schnee bewältigt, alles kein Problem“, berichtet Heike Hachmeier. Im Hotel in Oulu passiert es, Hachmeier stolpert und stürzt. Die Diagnose: schwerer Schulterbruch und Brüche in der Hand. Der Notruf 112 funktioniert – wie überall in der EU – auch in Finnland. Die Uniklinik am Ort übernimmt die Erstversorgung. Schnell ist klar, dass eine Operation notwendig wird. Aber es bleibt vage, wann das klappt. Sprachbarrieren sind ein zusätzliches Problem. Zur Reisegruppe gehören die Freunde Bernd und Heike Raake; er ist ebenfalls Fördermitglied, sie ist ehrenamtlich bei den Landesberger Johannitern engagiert. Die Raakes geben den entscheidenden Tipp: Fragt sofort den Johanniter-Auslandsrückholdienst an.

Karsten Reckzeh lässt Röntgenbilder und ärztliche Berichte kopieren und mailt das Ganze noch am Donnerstagabend nach Köln. Dort ist der Sitz des Johanniter-Auslandsrückholdienstes. Den betreiben die Johanniter seit 1985; ansässig ist der Dienst im Regionalverband Köln/Leverkusen/Rhein-Erft. Es gibt hunderte Anfragen jedes Jahr. Ein Team um Einsatzleiter Stefan Krahé organisiert das. Kostenfrei ist der Rückholdienst für aktive wie passive Mitglieder der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. etwa dann, wenn im Reiseland eine Unfallverletzung oder eine Erkrankung passiert. Der Dienst greift bei medizinisch notwendigen Rückführungen und bei ärztlich angeordneten Rettungsflügen aus dem Ausland. Die Johanniter haben eine Struktur entwickelt, die rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr funktioniert: Neben dem Team in der Einsatzzentrale gibt es unter anderem einen ärztlichen Dienst aus rund 30 Ärztinnen und Ärzten im Kölner Raum. Sie ergänzen einander mit Fachwissen sowie Sprachkenntnissen und übernehmen die Arzt-zu-Arzt-Gespräche mit dem medizinischen Personal im Reiseland.

Keine zwölf Stunden nach Karsten Reckzehs Hilferuf in der Alarmzentrale haben Krahé und seine Leute mit Finnland Details wie Transportfähigkeit und medizinische Daten geklärt. Dann kommt der erlösende Anruf bei Heike Hachmeier: „Wir holen Sie heim.“ Das Ehepaar kann aufatmen. Theoretisch ginge das auch auf dem Landweg; die Johanniter schicken dann beispielsweise Krankentransportwagen auf die Reise. In Hachmeiers Fall kommt wegen der Entfernung und der Dringlichkeit ein Ambulanzflug in Frage. Dafür greift die JUH auf die Learjet-Flotte eines in Köln ansässigen Charterunternehmens zurück. Die Ambulanzflugzeuge haben alles an Bord, um selbst Intensivpatient*innen sicher zu transportieren. Weltweit funktioniert das. Im Learjet ist nur Platz für ein oder zwei Patientinnen oder Patienten sowie die Medical-Crew der Johanniter. Die kleinen Ambulanzflieger sind rasch ausgelastet. „Daher sind sie auch schneller wieder startbereit“, betont Krahé. Er stellt die medizinische Begleitung zusammen und kümmert sich darum, dass eine passende Maschine mit allem aufgerüstet wird, was Heike Hachmeier braucht. An einem Sonntag, 10 Uhr, starten der Johanniter-Arzt Dr. Tobias Donath, Spezialist für Unfall- und Allgemeinchirurgie sowie für Orthopädie, und der Notfallsanitäter Andreas Scholten mit der Maschine nach Oulu. Punkt 13.30 Uhr Ortszeit sind sie dort und heben keine Stunde später mit Patientin Hachmeier an Bord wieder ab. Der Flug dauert gut drei Stunden. Die letzte Etappe vom Flughafen Hannover ins Krankenhaus übernimmt ein Krankentransportwagen. Er fährt zu Hachmeiers Wunschklinik nach Hannover.

Der Landesberger Freundeskreis könnte jetzt mit dem Ereignis abschließen und Heike Hachmeiers Genesung verfolgen. Aber dann fährt Bernd Raake einige Wochen später mit seinem Motorrad auf Sommertour nach Spanien. Der erfahrene Biker hat Fahrsicherheitstrainings absolviert und will in gemessener Geschwindigkeit die Landschaft genießen. Die Berge rund um Huesca sind wunderschön; die Straße ist es nicht. An einem Schlagloch, gefüllt mit Rollsplitt, überschlägt sich Bernd Raakes Maschine. Er kommt mit Polytrauma – einer Kombination aus Brüchen und inneren Verletzungen – in eine kleine Privatklinik in Huesca. Sie übernimmt die Notversorgung, hat darüber hinaus aber wenig Kapazitäten. „Uns war klar, es muss sofort operiert werden“, sagt Ehefrau Heike Raake. Sie ist Ergotherapeutin in der Chirurgie einer Mindener Klinik; ihr Sohn Nils ist Mediziner. Die Familie ruft in Köln an. Und wieder kann Einsatzleiter Krahé schon am nächsten Tag einen Ambulanzflug zusagen. „Die haben sofort gehandelt“, lobt Heike Raake. Ihr Mann Bernd kommt wenige Tage später nach Minden in die Klinik. Die Folgen seines Unfalls spürt er auch jetzt, inzwischen im eigenen Zuhause, noch deutlich. Es ist ein langer Heilungspsrozess. Auch bei Heike Hachmeier ist das so. Doch sie ist vor allem erleichtert, dass der Auslandsrückholdienst „ohne viel Federlesens“ geholfen habe. Einen Sorgenberg habe ihr das vom Herzen genommen. „So groß wie der Giebichenstein.“ Sie meint damit einen der größten norddeutschen Findlinge. Der Gigant in einem Wald, nicht weit weg von Landesbergen, lässt Menschen winzig aussehen. Er wiegt 330 Tonnen.