Wenn Helfen herausfordert
Deeskalationstraining für das Team der Johanniter-Obdachlosenhilfe in Münster
Wer abends am Busbahnhof an der Hafenstraße vorbeikommt, sieht sie fast jeden Tag: Die Ehrenamtlichen der Johanniter-Obdachlosenhilfe, wie sie warme Mahlzeiten und Getränke verteilen. Rund 70 Portionen werden es täglich – das ganze Jahr über. Das Angebot, 2022 als Kältehilfe gestartet, ist mittlerweile fester Bestandteil der Hilfe für wohnungslose Menschen in der Stadt.
Das bringt viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebensrealitäten zusammen, manche in schwierigen Lebensphasen, mit Erkrankungen oder anderen Belastungen. „Da kann es schnell mal zu Spannungen kommen“, so Diana Haubrich, Koordinatorin der Obdachlosenhilfe der Johanniter. „Da reicht manchmal ein Missverständnis oder ein stressiger Tag, und die Stimmung kippt“, sagt Diana Haubrich, die das Projekt bei den Johannitern koordiniert.
Um die Ehrenamtlichen besser auf solche Situationen vorzubereiten, wurde am Sonntag ein Deeskalationstraining organisiert. Im Schulungsraum der Johanniter übt das Team gemeinsam mit dem Trainerteam Petra Wilde & Olaf Schawe von Dojoteam, wie man in schwierigen Momenten ruhig bleibt – und Grenzen setzt, ohne zu eskalieren. Sie kennen die Szene in Münster und führen regelmäßige Trainings auch in anderen Einrichtungen in Münster durch. Beispiele aus dem Alltag der Helfenden kommen schnell zusammen und werden nachgestellt, analysiert und gemeinsam besprochen.
„Meine Kollegin war kurz draußen und die Tür nicht abgeschlossen. Plötzlich fühl sich ein Mann durch eine Aussage angegriffen, läuft um den Wagen, kommt herein und bedroht mich“, so eine Teilnehmerin, die noch sichtlich berührt von diesem Zwischenfall erzählt. Andere Teilnehmer berichten von aufgebrachten Anwohnern, die ihren Frust über schmutzige Hauseingänge und Drogenkonsum der Menschen vor Ort bei den Freiwilligen loswerden wollen. Das Training soll helfen, solche Signale früh zu erkennen und besser zu reagieren. Für viele Ehrenamtliche ist das Thema aktuell geworden, weil das Aufkommen an den Verteilpunkten deutlich gestiegen ist – und damit auch die Zahl der Zwischenfälle. „Wir sind froh darüber, dass das Angebot so gut angenommen wird, aber das bringt eben auch neue Herausforderungen mit sich“, sagt Haubrich.
Im Training wird deutlich: Es geht nicht darum, Konflikte aufzulösen, sondern darum, sich selbst nicht zu gefährden – und handlungsfähig zu bleiben. Im Zweifel immer die Polizei zur Hilfe holen. Haubrich betont, dass diese Beispiele Einzelfälle sind und die große Dankbarkeit der vielen friedlichen Menschen, die zu Verteilstellen kommen, nicht in den Schatten stellen soll. „Mir ist wichtig, dass sich unser ehrenamtliches Team sicher fühlt und gerne hilft. Niemand soll das Gefühl haben, eine schwierige Situation alleine lösen zu müssen“, sagt Diana Haubrich.
Das Projekt lebt vom Engagement vieler Freiwilliger – und ist ausschließlich spendenfinanziert. „Damit wir das Angebot weiter in dieser Form aufrechterhalten können, sind wir auf Unterstützung angewiesen“, so Haubrich.
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Verwendungszweck: Obdachlosenhilfe
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Oder engagieren Sie sich direkt – Infos unter www.johanniter.de/ms