06.07.2022 | Regionalverband Südwestfalen

„Ich bin jetzt soweit“

Die Warteliste ist lang: Viel mehr Frauen in sozialen Schwierigkeiten könnten in der Johanniter-Wohngemeinschaft für Frauen in Iserlohn begleitet werden. Doch da kaum Mietwohnungen zu finden sind, werden dort nur schwer Plätze frei.

Sarah Schmidt* lebt seit zwei Jahren in der Wohngemeinschaft für Frauen der Johanniter. Mit Hilfe ihrer Betreuerin fand sie hier im April 2020 einen Platz und konnte aus einer Notunterkunft im Ruhrgebiet in ein Zimmer in der denkmalgeschützten Villa in Iserlohn einziehen. „Es war ein Cut in meinem Leben, und am Anfang war das sehr schwer, ich habe mich im Haus oft einfach abgekapselt“, beschreibt die Mittdreißigerin die Zeit kurz nach ihrem Einzug.

Fehlender Wohnraum demotiviert die Frauen

Doch dann habe sie sich öffnen können und Stabilität gefunden: „Hier gab es immer ein offenes Ohr für mich und bei vielen Gesprächen und einem festen Tagesablauf kam ich wieder auf festen Boden.“ Ihr Leben möchte Sarah Schmidt daher nun eigenständig in einer eigenen Wohnung leben. „Ich bin jetzt soweit“, erklärt sie. Martha Jännert, Leiterin der Johanniter-Wohngemeinschaft kann das bestätigen: „Im Team und mit der Bewohnerin entscheiden wir über den Schritt in die weitere Selbständigkeit.“ Für Sarah Schmidt war dieser Schritt schon im vergangenen Winter beschlossen worden – doch seither wurde für sie keine Wohnung gefunden. „Das demotiviert mich sehr“, sagt sie.

Die Frauen werden weiterhin betreut

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt sei schwierig, ergänzt Martha Jännert. Vielfach schreckten Anbieterinnen und Anbieter vor einem Menschen zurück, in dessen Lebenslauf die Wohnungslosigkeit eine Rolle gespielt habe, ist ihre Erfahrung. Diese Sorge möchte sie zerstreuen: „Angemietet werden die Wohnungen für die Frauen von uns Johannitern, die Vermieterinnen und Vermieter finden bei uns immer Ansprechpersonen sowie geordnete Abläufe und geregelte Mietzahlungen“, bekräftigt sie. Die Frauen würden außerdem weiterhin von ihrer Bezugsbetreuerin begleitet und hätten bereits in der Wohngemeinschaft regelmäßige Hausarbeiten wie Reinigen oder Kochen übernommen.

Der Mietvertrag wird später von der Bewohnerin übernommen

Auch die Sorge vor stetig wechselnden Bewohnerinnen in einer von den Johannitern angemieteten Wohnung kann sie entkräftigen: „Unser Konzept sieht vor, dass die Frauen später bei erfolgreicher Selbstständigkeit die Wohnung mit eigenem Mietvertrag übernehmen.“ Dies sei zum Beispiel momentan bei einer früheren Bewohnerin der Fall, die nach einem dreiviertel Jahr die Wohnung derzeit selbst übernehme.

Ob im Haus oder in einer Außenwohnung: Grundsätzliches Ziel der Wohnungslosenhilfe der Johanniter sei es, die Frauen zu befähigen, selbstständig und eigenverantwortlich in einer eigenen Wohnung zu leben und die soziale Isolation zu überwinden, erklärt Martha Jännert. Im Haus der Wohngemeinschaft in Iserlohn gibt es Plätze für zwölf Frauen, die aktiv ihre sozialen Schwierigkeiten bearbeiten möchten. „Ihre Lebensverhältnisse waren bis dahin oft geprägt von Gewalterfahrung, Sucht, psychischer Erkrankung und daraus resultierender Wohnungslosigkeit“, sagt die Wohngemeinschaft-Leiterin.

Viele Frauen wünschen einen Platz im Haus

„In Iserlohn habe ich eine Heimat gefunden und mit den Johanniter-Mitarbeiterinnen einen festen Standpunkt“, beschreibt Sarah Schmidt ihren Werdegang. Ihr größter Wunsch wäre daher eine kleine Wohnung in der Stadt: „Dann kann ich hier im Haus auch Platz machen für eine Frau, die es nötiger hat.“ Und genau das sei ein weiteres Problem der derzeit erfolglosen Wohnungssuche, ergänzt Johanniter-Mitarbeiterin Martha Jännert: „Unsere Warteliste ist lang, und wenn wir kein freies Zimmer haben, weil wir keine Außenwohnung finden, können wir diesen größtenteils wohnungslosen Frauen keinen Platz anbieten.“ (*Name geändert)


Potenzielle Vermieterinnen und Vermieter können sich gerne melden bei der Wohngemeinschaft für Frauen in Iserlohn, Leitung Martha Jännert, Tel. 02371 6897-31, martha.jaennert(at)johanniter.de