04.02.2021 | Regionalgeschäftsstelle Lüdenscheid

„Mir fehlen die Umarmungen“

Zum „Tag der Kinderhospizarbeit“ am 10 Februar 2021 stellt der zehnjährige Filipe für den Johanniter-Hospizdienst „Kleine Raupe“ seinen Alltag in einer Collage dar.

Schule findet zu Hause statt, Großeltern werden nicht besucht und niemand kommt zum Spielen oder Quatschen vorbei: Kinder und Jugendliche bekommen die Auswirkungen der Pandemie deutlich zu spüren. Besonders betroffen sind junge Menschen mit einer schwerwiegenden oder lebensverkürzenden Erkrankung, denn für sie kann eine Infektion mit dem Corona-Virus einen schweren Krankheitsverlauf oder sogar den Tod bedeuten.

Ihre Situation rückt daher der diesjährige „Tag der Kinderhospizarbeit“ am Mittwoch, 10. Februar 2021, verstärkt in den Blickpunkt.

Laut Bundesfamilienministerium leben in Deutschland rund 50.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit einer unheilbaren Erkrankung. Vom Ambulanten Johanniter-Hospizdienst für Kinder und Jugendliche „Kleine Raupe“ werden derzeit zehn Familien mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind in Südwestfalen begleitet. Zu ihnen gehört der zehnjährige Filipe aus Hemer, der derzeit einen stark eingeschränkten Alltag erlebt. Wie Corona sein Leben verändert hat, veranschaulicht der Junge mit den Erkrankungen Mukoviszidose und Diabetes in einer Collage, die er für den Johanniter-Hospizdienst angefertigt hat: Seine häufigen Krankenhausaufenthalte dürfen zum Glück zwar von seiner Mutter begleitet werden, andere Familienmitglieder können ihn in der Klinik jedoch nicht besuchen.

Filipes Kontakte finden ausschließlich per Telefon, Videoanruf oder digitalem Nachrichtendienst statt.

„Mir fehlen die Umarmungen mit Oma und Opa“, sagt er. „Viele Familien mit einem schwer erkrankten Kind sind generell isoliert, da sich Angehörige oder Freunde aus Hilflosigkeit oder aufgrund eigener Ängste zurückziehen“, ist die Erfahrung von Bettina Wichmann, Leiterin des Ambulanten Hospizdienstes „Kleine Raupe“. Mit der Pandemie und ihren notwendigen Kontaktbeschränkungen habe sich diese Isolation nun verschärft. Die Ehrenamtlichen halten den Kontakt zu den Familien bei vielen Mails und Telefonaten.

„Aus Sorge um ihre Kinder empfangen die Eltern verständlicherweise keinen Besuch“, sagt Bettina Wichmann.

Was Filipe vor allem fehlt, zeigt seine Collage mit den Figuren, Abzeichen und seinen Treffen mit den Stars der Wrestling-Szene: Dieser Show-Sport ist seine größte Leidenschaft, doch momentan dürfen die Wrestler aus Amerika nicht mehr nach Deutschland einreisen. „Auch ist es schwierig, die Spielfiguren zu kaufen, das wird noch Monate dauern“, erklärt er. Die Kommunion, auf die sich Filipe monatelang sehr gefreut hatte, war erst abgesagt, dann verschoben worden: Sie konnte schließlich im Frühsommer ausschließlich mit Filipe, seinen Eltern und Großeltern und dem Pastor gefeiert werden.

Trotz seiner schwerwiegenden Erkrankung hatte Filipe regelmäßig die „Felsenmeerschule“ besucht, eine Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung. Wenn er etwa nach seiner Medikamentengabe über den Port zehn Tage nicht zur Schule gehen konnte, kam eine Lehrerin wöchentlich zum Unterrichten zu ihm nach Hause. Wie bei allem vom Johanniter-Hospizdienst begleiteten Kindern und Jugendlichen wird nun alleine und zu Hause mit den Eltern gelernt. Aufgrund der Schutzmaßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus können wiederum die Ergo-, Sprach- oder Physiotherapien zurzeit nicht mehr in den Wohnungen der Familien stattfinden.

Die Fahrten zu den Therapien bedeuten nun für die Eltern einen zusätzlich belastenden Aufwand.

Doch Filipe freut sich auch in dieser Pandemie an vielen Dingen in seinem Leben, wie er in seiner Collage zeigt: Einer seiner größten Wünsche war ein Haustier, und nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten lebt nun eine britische Kurzhaarkatze mit ihm im Haushalt. „Sie ist Filipes ganzer Stolz und gemeinsam entdecken die beiden gerade viel Neues“, erzählt seine Mutter.