johanniter.de
12.08.2025

40 Jahre Engagement für den Notfall-Knopf

Gerd Rauhut hat die Entstehung des Hausnotrufs 1985 miterlebt und das Projekt bis heute stetig weiter unterstützt.

Ein Mann mit einem grauen Johanniter-Polo-Shirt

Als der Hausnotruf (HNR) 1985 in seinen Anfängen stand, gehörte Gerd Rauhut zu denjenigen, die an das Potenzial des neuen Projekts glaubten. Bis heute unterstützt der mittlerweile 76-Jährige diesen Service und hat seine Entwicklung über Jahrzehnte maßgeblich mitgestaltet. Trotz und seit seinem offiziellen Renteneintritt ist er weiterhin mit 60 Monatsstunden als Techniker für den HNR-Service tätig. Im Landkreis Hameln-Pyrmont sorgt er vor Ort bei den Kunden für die Reparatur und zuverlässige Funktion von Basisstation und Handsender. Den Austausch mit der Kundschaft schätzt er nach wie vor: „Man erlebt viel Dankbarkeit. Es geht nicht nur um eine technische Dienstleistung. Man erfährt auch zahlreiche Lebensgeschichten und versteht, wie wichtig es ist, einfach da zu sein und was die Menschen im Alltag brauchen, um sich sicher zu fühlen. Eine meine ersten Kundinnen stürzte damals nach einem Schlaganfall mehrfach am Tag. Mit der Installation ihres HNR-Gerätes gingen diese Stürze auf wenige Male in der Woche zurück, weil sie sich im Alltag besser geschützt fühlte“, blickt er auf seine Erfahrungen zurück.

Als junger Rettungsassistent der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) in Hannover lernte der heute dreifache Vater und Großvater den Hausnotruf vor vierzig Jahren bei den Kollegen in Braunschweig kennen. „Mein Chef kam damals auf mich zu und erkundigte sich, ob ich Interesse habe, diesen Service mit aufzubauen und zu betreuen.“ Damals standen knapp drei Kunden auf der Liste, die einen Anschluss und damit eine klobige, graue Apparatur in ihrem Zuhause hatten. Und so eignete sich der erfindungsreiche und ambitionierte Johanniter nicht nur die technischen Kenntnisse zur Installation von Basisstation und Handsender an, sondern übernahm auch die Hausbesuche der Kundschaft, wenn der Alarm ausgelöst wurde. „Damals erschien in meinem Melder die Nummer des HNR-Geräts, dann musste ich mir auf einer ausgedruckten Liste den entsprechenden Kunden und die Adresse suchen“, erinnert sich Rauhut an die Zeiten ohne Computer und Digitalisierung.

Weitere HNR-Kollegen hatte er damals noch nicht, also meldete er sich im Fall der Fälle aus seiner Schicht als Rettungssanitäter ab, um diese Notfälle zu versorgen. Auch nachts lag es in seiner Verantwortung, bei Alarm rauszufahren – eine Vertretung gab es nur während seiner Urlaubstage. So verließ der passionierte Tänzer eines Abends eine offizielle Vorführung – nur um von der Kundin zu erfahren, dass die Wäsche jetzt fertig sei und aufgehängt werden könne. Hilfe leistete er aber auch für eine Kundin, die einen Einbrecher in ihrer Wohnung zu sehen glaubte. Tatsächlich handelte es sich um den Schatten ihres an der Tür hängenden Bademantels, der im Mondlicht eine bedrohliche Silhouette warf. Trotzdem ermutigte Gerd Rauhut weiterhin: „Mir war ein Alarm zu viel immer lieber als einer zu wenig. Und die Kunden sollten wissen, dass ihr Problem schnell geklärt wird oder sie den Sender auch im Falle eines möglichen Brandes oder Einbruchs betätigen konnten, weil die erforderliche Hilfe aus der Zentrale unter Umständen viel schneller organisiert werden kann.“

Nach wenigen Monaten erforderte der wachsende Kundenstamm seine volle Aufmerksamkeit und mit einem eigenen kleinen Team wechselte Gerd Rauhut endgültig aus dem Rettungsdienst zum Hausnotruf. Auch die technische Entwicklung nahm Fahrt auf. Die Handsender, meist an einer Kette um den Hals getragen, schrumpften beispielweise von Zigarettenpackungsgröße auf eine wesentlich schmalere und komfortablere Variante.

Seine vielfältige Netzwerk- und Informationsarbeit verstärkte Gerd Rauhut in den unterschiedlichsten Bereichen. So druckte und verteilte er im Laufe der Jahre Flyer und verfasste Presseinformationen. Er organisierte Aktionen in Apotheken und plante Informationsveranstaltungen in Pflegeheimen oder Diakoniestationen, die auch beim eigentlichen Einsatzdienst mit unterstützten. Die passenden Kooperationspartner suchte und fand er zudem bei Pflegediensten oder Wohnungsbauunternehmen, und im Namen der Telekom durfte er offiziell die erforderlichen TAE-Dosen der damaligen Telefonanschlüsse installieren, wenn es für den Anschluss des HNR-Gerätes beim Kunden erforderlich war.

Für Menschen, die sich in den damaligen Zeiten ohne Pflegeversicherung und mögliche Zuzahlung die monatlichen Kosten des Hausnotrufs nicht leisten konnten, kämpfte er in Einzelfällen um die Finanzierung des Dienstes über Sozialhilfeträger: „Es ist wichtig, für die Menschen da zu sein. Meine Vision war immer die Kombination von Services, die Senioren an der richtigen Stelle abholen, ihnen in allen Bereichen ein selbständiges Leben sichern und sie dabei unterstützen - bis sie vielleicht einen Platz in einem Johanniter-Heim beziehen können“, beschreibt er seine unermüdliche Motivation. Nicht zuletzt deshalb rief er in Hannover auch den Menüservice ins Leben und war maßgeblich am Aufbau der ersten ambulanten Pflegedienste der JUH beteiligt.

Der 76-Jährige arbeitet nun seit 2015 in Holzminden und betreut das Einsatzgebiet Hameln-Pyrmont. Auch seine 101-jährige Mutter hat er mit einem Gerät ausgestattet, seine Ehefrau Irja ist seit zwanzig Jahre in der Kundenberatung des Hausnotrufs in Holzminden tätig. „Aber für mich ist am 31. Dezember 2025 wirklich Schluss“ versichert Rauhut, „den Dienstwagen habe ich auch schon abgemeldet – doch, wenn man mich fragt, helfe ich natürlich gern aus dem Hintergrund“, schmunzelt er.

Niedersachsenweit ist die Zahl der HNR-Kunden mittlerweile auf mehr als 50.000 gewachsen, die große Zentrale für Notrufe und Einsatzsteuerung befindet sich in Berne (Johanniter-Ortsverband Stedingen) und zahlreiche Einsatz- und Pflegedienste der Johanniter sind mit einem funktionierenden Netz aus internen und externen Fachkräften für die Betreuung der Hausnotruf-Kundinnen und Kunden zuständig.