26.05.2021 | Neurologisches Rehabilitationszentrum Godeshöhe

30. Mai: Welt-MS-Tag 2021

Gemeinsam das Tabu brechen: MS-Patienten leiden häufig unter urologischen Beschwerden, doch jeder Zweite verschweigt sie dem Arzt

Frau Prof. Dr. Ruth Kirschner-Hermanns
Frau Dr. Verena Güldenberg

Der diesjährige Welt-MS-Tag der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft am 30. Mai 2021 steht unter dem Motto #stayconnected und wirbt dafür auch in Zeiten der Corona-Pandemie die Verbindung zwischen Patienten und Hilfsangeboten zu erhalten. Das Neurologische Rehabilitationszentrum Godeshöhe in Bonn möchte in diesem Rahmen Patienten mit Multiple Sklerose ermutigen, sich mit ihren urologischen Beschwerden an einen Arzt zu wenden. Eine Studie des Rehazentrums zeigt, dass jeder zweite MS-Patient (52,1 Prozent) mit urodynamischen Auffälligkeiten, wie z.B. vermehrtem Harndrang oder Harninkontinenz, angibt keine Beschwerden zu haben.[1] „Auch wenn wir wissen, dass 70 bis 90 Prozent aller MS-Patienten im Laufe der Erkrankung von einer neurogenen Dysfunktion des unteren Harntraktes (kurz NLUTD) betroffen sind, vermeiden viele das Thema aufgrund von Schamgefühlen. Dieses Tabu gilt es zu brechen“, erklärt Frau Prof. Dr. Kirschner-Herrmanns, Fachärztin für Urologie und Andrologie, Leiterin des Fachbereichs Neuro-Urologie des Neurologischen Rehabilitationszentrums Godeshöhe und Professorin für Neuro-Urologie am Universitätsklinikum Bonn.

Die Beschwerden und die empfundene Scham schränken häufig die Lebensqualität der Betroffenen ein. Dabei sind Dysfunktionen des unteren Harntraktes in den meisten Fällen behandelbar. „Heute können wir mit Hilfe der Neuro-Urologie neun von zehn Patienten mit Blasenfunktionsstörungen erfolgreich behandeln – beispielsweise durch konservative Maßnahmen wie einem Beckenboden- oder Blasentraining, einer medikamentösen Therapie oder einer Instillationstherapie“, sagt Frau Prof. Dr. Kirschner-Herrmanns.

Die Neuro-Urologie ist spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie von Funktionsstörungen der urologischen Organe nach einer Schädigung der sie steuernden Nerven. Sie bildet damit die Schnittstelle zwischen der Neurologie und der Urologie.

Besonders eine frühzeitige Erkennung von Funktionseinbußen, wie zum Beispiel einer Inkontinenz oder das häufige Wasserlassen verursacht durch unbeabsichtigte Kontraktionen des Blasenmuskels oder ein Nachlassen der Dehnbarkeit der Blase können Spätschäden wie einem Nierenfunktionsverlust vorbeugen. „Es gibt immer wieder Fälle in denen Patienten erst nach 10 Jahren mit ihren urologischen Beschwerden zum Arzt gehen – zum Teil mit schwerwiegenden Folgen. Dabei können wir gerade mit einer frühen neuro-urologischen Untersuchung Patienten angemessen therapieren. Wir möchten allen Betroffenen ans Herz legen, mit ihren Beschwerden zum Arzt zu gehen. Keine Krankheit ist ein Tabu. Wir sind da, um Ihnen zu helfen“, betont Frau Dr. Güldenberg, Fachärztin für Neurologie im Rehazentrum Godeshöhe.

Das Neurologische Rehabilitationszentrum Godeshöhe der Johanniter ist seit 2012 ohne Unterbrechung von der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft als MS Zentrum zertifiziert und verfügt über ein breites Leistungsspektrum zur rehabilitativen Behandlung von Multiple Sklerose.


[1]  Domurath B, Kurze I , Kirschner-Hermanns R et al (2020) Neurourological assessment in people with Multiple Sclerosis (MS): a new evaluated algorithm. Multiple Sclerosis and Related Diasorders Open Access, Published: May 30, 2020