08.03.2023 | Neurologisches Rehabilitationszentrum Godeshöhe

Pflege ist nicht nur Frauensache

Interview zum Weltfrauentag mit Pflegedirektorin Ewa Masoud vom Neurologischen Rehabilitationszentrum Godeshöhe

Nur knapp jede fünfte Pflegekraft ist laut statistischem Bundesamt männlich. Dass Pflege Frauensache ist, wird also auch von Zahlen bestätigt. Aber warum ist das so?

Berufe im Sozialen Sektor werden vorwiegend von Frauen anvisiert. Hier spielt nicht nur die Erziehung eine Rolle, welche die Frau als mehr sozial darstellt als den Mann, sondern auch tradierte Vorstellungen vom Mann als Ernährer einer Familie. Das Ansehen und die Entlohnung der Pflegeberufe ist im direkten Vergleich zu anderen Berufsgruppen schlechter, so dass der Mann als vermeintliches „Familienoberhaupt“ die Funktion als Ernährer verlieren würde. Ferner fehlen adäquate Aufstiegsmöglichkeiten.     

Ein junger Mann, der den Berufswunsch des Pflegefachmanns äußert, läuft nicht selten Gefahr, auf Vorurteile zu treffen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Ich selbst habe diesbezüglich keine Erfahrungen gemacht. Es hat aber den Anschein, dass Männern in Pflegeberufen weibliche Attribute unterstellt werden. 

Was könnte getan werden, um mit Klischees und veralteten Geschlechterrollen hinsichtlich der Berufswahl aufzuräumen?

Veralteten Rollenklischees kann m. E. nach nur entgegengewirkt werden, indem dieser Beruf attraktiver gemacht wird. Nicht nur hinsichtlich der Bezahlung, sondern auch mit Blick auf berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und die Wertschätzung innerhalb der Gesellschaft.

Gibt es Bereiche im Pflegeberuf, in denen Männer vielleicht sogar Vorteile gegenüber ihren weiblichen Kolleginnen haben? Stichwort: körperliche Anstrengung in der Pflege.

Wenn es um die Pflege männlicher Patienten geht, kann es durchaus hilfreich sein, wenn diese Pflege auch von einem männlichen Kollegen durchgeführt wird (Schamgefühl). Was jedoch die körperliche Belastung angeht, kann diese durch Technik kompensiert werden. Hierzu wird allerdings Zeit benötigt, die im Alltag oftmals nicht vorhanden ist.

Im Pflegeversicherungsgesetz ist in § 2 zum Thema Selbstbestimmung festgeschrieben: „Wünsche der Pflegebedürftigen nach gleichgeschlechtlicher Pflege haben nach Möglichkeit Berücksichtigung zu finden.“  Der Anteil männlicher Pflegebedürftiger beträgt immerhin knapp 40 Prozent.

Bereits oben beschrieben.

Wie beurteilen Sie die Rolle von Schulen in Hinblick auf die Berufsorientierung, gerade auch was Pflegeberufe angeht? Wo und in welcher Weise sehen Sie Verbesserungsbedarf

Schulen arbeiten auf der Grundlage der Sozialisation im Elternhaus. Seit mehr als zehn Jahren arbeiten die Schulen in NRW an einem solchen Konzept, um Heranwachsenden verschiedene Berufe nahe zu bringen. Pflegekräfte, die an die Schulen gehen und dort Jugendliche von dieser beruflichen Tätigkeit begeistern möchten, wäre meiner Meinung nach ein erster Schritt und eine gute Möglichkeit. Begeisterung jedoch beinhaltet eine adäquate Bezahlung, sowie eine berufliche Perspektive.