12.08.2021 | Dienststelle Ortsverband Ahlhorn

Darf ich Tränen zeigen?

Dr. Christian Pundt besucht ambulanten Hospizdienst der Johanniter in Ahlhorn

Dr. Christian Pundt informierte sich über die Arbeit des ambulanten Hospizdienstes der Johanniter mit Koordinatorin Petra Janssen und der Ortsbeauftragten Marion Logemann (von links).

Wie das Haus aussieht, weiß er bis heute. Dr. Christian Pundt, Bürgermeister der Gemeinde Hatten und Kandidat für den Posten des Landrats im Landkreis Oldenburg, musste in seiner Ausbildung zum Polizeibeamten Angehörigen eine Todesnachricht überbringen. „Ich war damals 18, der Verstorbene erst 17“, erzählt er. Die Mutter öffnete die Tür, der Bruder stand oben an der Treppe. „Dieses Bild hat sich mir eingebrannt. Ich sehe es immer noch vor mir“, erzählt der heute 47-Jährige. Weil ihm der Umgang mit dem Tod und die daraus folgenden Belastungen für Angehörige und Begleitende sehr bewusst seien, besuchte er jetzt den ambulanten Hospizdienst der Johanniter in der Gemeinde Großenkneten und informierte sich vor Ort über die Arbeit der Ehrenamtlichen in der Sterbe- und Trauerbegleitung. Sehr gefreut über das Interesse und den Besuch hat sich Martin Gobert, Dienststellenleiter der Ahlhorner Johanniter. Pundt und Gobert kennen und schätzen sich und wollen zukünftig die Zusammenarbeit noch weiter intensivieren. „Wir wollen alle das Beste für die Menschen im Landkreis und da macht es Sinn, unsere Kräfte zu bündeln“, sagt Gobert.

Für Hospizdienst-Koordinatorin Petra Janssen genau der richtige Zeitpunkt. „Wir haben gerade einen neuen Kurs zur Qualifizierung von Hospizbegleiterinnen begonnen.“ Eine der ersten Fragen sei gewesen, ob die Begleitenden auch Tränen zeigen dürfen. Der Hospizdienst war 2013 auf Initiative des Ehepaars Lore und Günter Reise von den Johannitern gegründet worden. Zuletzt aber war es ruhiger geworden. „Wir haben sehr unter der Corona-Zeit gelitten“, sagt Petra Janssen. Erst durften gar keine Begleitungen durchgeführt werden, später nur eingeschränkt unter Einhaltung eines Hygienekonzeptes. Gestorben wurde aber weiterhin. „Wir haben versucht, mit den Menschen so gut es ging Kontakt zu halten und für sie da zu sein“, sagt Petra Janssen. Oft ging es nur per Telefon oder bei Spaziergängen draußen. Jetzt nehme die Zahl der Anfragen aber wieder zu. Wichtig ist: „Wir drängen uns nicht auf“, betont Petra Janssen. Die Menschen kommen von sich aus auf den Hospizdienst zu, bitten um Beistand. Die Leistungen sind kostenlos, die Begleitenden engagieren sich ehrenamtlich. Die Kosten für Koordination, Fortbildungen und Sachmittel werden durch Zuschüsse der Krankenkassen und aus Spenden finanziert. Dabei arbeite der Hospizdienst mit anderen Diensten und Einrichtungen in einem Netzwerk auf Landkreisebene und darüber hinaus zusammen.

Das hört Dr. Pundt gerne. „Solch eine wichtige Aufgabe funktioniert nur durch Zusammenarbeit“, betont er. Corona haben den Blick aufs Leben verändert, gerade bei jungen Menschen. „Der Umgang mit Krankheit, Sterben und Tod ist durch Corona bei allen angekommen.“ Er plane Projekte zu diesen Themen im Landkreis zu etablieren, bei denen er alle Kulturkreise und jedes Alter mitnehmen möchte. „Es gibt neue Herausforderungen, für die wir Lösungen entwickeln und dafür die kreativen Köpfe des Landkreises an einen Tisch bringen müssen.“ Dazu zählen sicherlich auch die Johanniter mit ihren vielfältigen Erfahrungen. Eine ganz besondere hat sich Petra Janssen für den Schluss aufgehoben: „Natürlich sind im Hospizdienst Tränen erlaubt.“