Übergewicht/ Adipositas

Was sind Übergewicht und Adipositas?
Übergewicht und Adipositas bezeichnen eine über das Normalmaß hinausgehende Ansammlung von Körperfett. Grundlage für die Einstufung ist der Body-Mass-Index (BMI), der sich aus Gewicht (kg) geteilt durch Körpergröße zum Quadrat (m²) berechnet:
BMI-Klassifikation gemäß WHO:
- Prä-Adipositas (Übergewicht): 25–29,9 kg/m² (leicht erhöhtes Gesundheitsrisiko)
- Adipositas Grad I: 30,0–34,9 kg/m² (erhöhtes Risiko)
- Adipositas Grad II: 35,0–39,9 kg/m² (hohes Risiko)
- Adipositas Grad III: ≥ 40,0 kg/m² (sehr hohes Risiko)
Besonders kritisch ist das Fett im Bauchraum (abdominale Adipositas). Der Taillenumfang gilt hier als verlässlicher Marker: Für Männer ab 94 cm (erhöhtes Risiko), ab 102 cm (stark erhöht); für Frauen ab 80 cm (erhöht), ab 88 cm (stark erhöht). Auch das Taille-Hüfte-Verhältnis (WHR) ist entscheidend: Werte über 1,0 bei Männern und 0,85 bei Frauen deuten auf ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen hin.

Psychogene Adipositas und Übergewicht – Wenn Emotionen das Essverhalten steuern
Übergewicht aufgrund seelischer Ursachen (psychogene Adipositas) ist keine offiziell anerkannte Essstörung wie Binge Eating, zeigt aber vergleichbare Muster: Essanfälle, Kontrollverlust, Schamgefühle. Vielmehr handelt es sich um eine Form von Übergewicht, bei der Betroffene – meist ohne es zu wissen – ihr Essverhalten als Mittel zur Gefühlsregulation einsetzen. Sie essen häufig über das natürliche Maß hinaus und leiden unter ihrem hohen Gewicht, erkennen jedoch selten die tieferliegenden emotionalen oder psychischen Auslöser. So kann unbewusst ein „Schutzpanzer“ entstehen, um sich vor Kritik oder Zurückweisung zu schützen.
Viele dieser Menschen versuchen, ihr Gewicht durch klassische Diäten, Fastenkuren oder Abnehmprogramme zu reduzieren – meist ohne nachhaltigen Erfolg. Denn diese Maßnahmen setzen nur an der Oberfläche an. Eine psychotherapeutische Behandlung oder ein Anti-Diät-Konzept, das den emotionalen Ursachen auf den Grund geht, ist in solchen Fällen häufig deutlich hilfreicher und langfristig erfolgreicher.
Essen als Werkzeug zur Gefühlsregulation

Menschen mit psychogener Adipositas nutzen Essen häufig unbewusst, um unangenehme Gefühle zu dämpfen oder zu vermeiden. Ärger, Frustration, Langeweile, Einsamkeit oder Traurigkeit werden durch Nahrungsaufnahme kurzfristig „betäubt“. Dadurch entsteht ein Teufelskreis: Negative Emotionen führen zu Essen – das wiederum zu Scham- und Schuldgefühlen, Selbstkritik und weiterem emotionalen Stress.
Zudem kann die Gewichtszunahme unbewusst als „Schutzpanzer“ fungieren. Wer etwa Kritik, Zurückweisung oder hohen Leistungs- und Harmoniestress als belastend erlebt, nutzt das zusätzliche Körpergewicht möglicherweise als Barriere gegenüber der Außenwelt. Dies betrifft häufig sehr empfindsame, verletzliche oder harmoniebedürftige Menschen, die Essen als Ersatz für Nähe, Trost oder Sicherheit verwenden.
Das Resultat ist oft ein gestörtes Hunger-Sättigungs-Gefühl. Emotionaler Hunger wird fälschlicherweise als körperlicher Hunger interpretiert. Hinzu kommen soziale und mediale Reize – etwa durch Essenswerbung oder ständige Verfügbarkeit von Lebensmitteln – die das problematische Essverhalten verstärken.
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Unser therapeutischer Ansatz
In unserer Einrichtung bieten wir einen speziellen Therapieansatz, der den seelischen Ursachen von Übergewicht Rechnung trägt:
- Psychotherapie:
- Erkennen der emotionalen Auslöser des Essverhaltens
- Entwicklung alternativer Bewältigungsstrategien
- Stärkung des Selbstwertgefühls
- Ernährungspsychologische Beratung:
- Aufbau eines natürlichen Essverhaltens ohne Verbote
- Vermittlung eines genussvollen, achtsamen Essverhaltens
- Wahrnehmung von Hunger und Sättigung schulen
- Bewegungstherapie:
- Freude an Bewegung statt Leistungsdruck
- Alltagsnahe Aktivität als fester Bestandteil des Lebens
- Soziale Unterstützung:
- Austausch mit anderen Betroffenen in Gruppentherapien
Ziel der Behandlung
- nachhaltige Gewichtsreduktion ohne Diätstress
- Verbesserung der Körperwahrnehmung
- Aufbau eines stabilen Selbstwertgefühls
- Reduktion von Folgeerkrankungen (z. B. Diabetes, Bluthochdruck)
- Steigerung der Lebensqualität
Fazit: Hilfe ist möglich
Gerade bei der psychogenen Adipositas zeigt sich, dass Übergewicht oft nicht nur ein körperliches, sondern auch ein seelisches Thema ist. Darüber hinaus sind Übergewicht und Adipositas komplexe Erkrankungen mit vielfältigen Ursachen – biologische, psychologische und soziale Faktoren greifen ineinander. Ein nachhaltiger Therapieansatz muss all diese Ebenen berücksichtigen. Neben Ernährungsumstellung und Bewegung sind psychologische Beratung und die Bearbeitung seelischer Konflikte unerlässlich, um den Teufelskreis aus Essanfällen, Gewichtszunahme und Selbstabwertung zu durchbrechen.