Nina Mamarbachi, Einsatz- und Ehrenamtskoordinatorin

„Ehrenamt ist eine Einstellung“

Nina Mamarbachi setzt sich für die Ehrenamtlichen in Hamburg ein.

Nina Mamarbachi, Einsatz- und Ehrenamtskoordinatorin bei den Johannitern in Hamburg, erzählt uns, wie sich die Situation im Ehrenamt während der Pandemie gewandelt hat und was ihre Aufgaben als Ehrenamtskoordinatorin sind.


„Gesucht: Einsatz- und Ehrenamtskoordinatorin“ – auf diese Stellenausschreibung der Johanniter in Hamburg hatte sich Nina Mamarbachi im Sommer 2020 beworben. Doch als die 38-Jährige die Stelle im Juli 2020 antrat, bestimmte die Corona-Pandemie das Leben der Menschen in Deutschland, und viele ehrenamtliche Aktivitäten fanden nicht oder nur in geringem Umfang statt. „Zu meinen Aufgaben gehört zum Beispiel die Koordination der Sanitätsdienste, also die Abstimmung mit Veranstaltern, das Erstellen der Dienstpläne für unsere Sanis und die Absprachen mit den Ehrenamtlichen. Aber da durch die Pandemie kaum Veranstaltungen stattfanden, entfielen leider auch diese Dienste für unsere Helferinnen und Helfer“, berichtet Nina Mamarbachi. Also ein ruhiger Einstieg in den neuen Job? „Nein, im Gegenteil!“, lacht sie, „Ich bin gleich mittendrin gewesen: Stattdessen habe ich mich um die Testzentren der Johanniter in Hamburg gekümmert. Das musste alles sehr schnell gehen und es war wichtig, die Teststationen kurzfristig mit Personal zu besetzen – darunter auch viele Ehrenamtliche.“ Planung, Koordination, Absprachen, viele Telefonate und E-Mails und vor allem ständig wechselnde Anforderungen von Seiten der Auftraggebenden – für das Organisationstalent ist die Aufgabe wie auf den Leib geschnitten. „Ich habe Tourismus-, Hotel- und Eventmanagement studiert und immer schon viel im Gastronomiebereich gearbeitet, da bin ich es gewohnt, mit Menschen und mit neuen Situationen gelassen umzugehen“, sagt Mamarbachi. „Trotzdem möchte ich mich schnellst möglich meiner eigentlichen Aufgabe widmen und unsere Ehrenamtlichen unterstützen.“

Auf den Gruppenabenden der Helferinnen und Helfer hat sie erlebt, wie stark der Zusammenhalt der Ehrenamtlichen ist. „Die Treffen sind sehr familiär und auch, wenn es in den vergangenen Monaten weniger Dienste gab, ist deutlich zu spüren, wie wichtig den Helferinnen und Helfern die Einsätze sind. Es ist eben nicht einfach nur ein Hobby, es ist eine sinnstiftende Aufgabe.“ Damit die Helferabende auch während der Pandemie stattfinden konnten, sind die Treffen, sobald diese wieder erlaubt waren, in die große Fahrzeughalle verlegt worden, um Abstände zu gewährleisten. „Eine tolle Möglichkeit: Für die Ehrenamtlichen war das sehr wichtig, sich endlich wiederzusehen.“

Im Sommer 2021 sieht die Corona-Lage etwas besser aus, einige Beschränkungen für Veranstaltungen sind gefallen, erste Sanitätsdienste finden wieder statt. „Unsere Ehrenamtlichen haben zum Beispiel beim Hamburg Marathon unterstützt und waren sogar wieder bundesweit unterwegs beim Berlin Marathon, gemeinsam mit Johannitern aus ganz Deutschland.“ Doch die Pandemie hat Lücken gerissen in die ehrenamtlichen Aktivitäten: Zwar haben sich zahlreiche neue Ehrenamtliche während der Corona-Lage engagiert, wie eine aktuelle forsa-Umfrage der Johanniter herausgefunden hat. In vielen Bereichen gibt es jedoch einen Schwund. Warum das so ist, erläutert Nina Mamarbachi: „Gerade in den Sanitäts- und Einsatzdiensten sind Helferinnen und Helfer aktiv, die oft auch in ihrem Hauptberuf im medizinischen oder pflegerischen Bereich arbeiten. Während der Pandemie waren diese Menschen beruflich so stark belastet, dass kaum Zeit und Kraft für ein Ehrenamt bleibt – völlig verständlich!“ Und auch andere Faktoren werden die Zeit nach der Pandemie bestimmen: „Viele Menschen haben festgestellt, dass sie plötzlich wieder mehr Zeit für andere Dinge haben oder haben neue Hobbies für sich entdeckt“, erklärt die Ehrenamtskoordinatorin. „Für andere wiederum hat sich die Lebenssituation in den vergangenen zwei Jahren geändert, sei es nach der Schule, der Ausbildung, dem Studium oder in der Familie. Da bleibt vielleicht weniger Gelegenheit für ein Ehrenamt. Wir werden sehen, wie viele Menschen wieder aktiv werden.“

Das Thema „Ehrenamt“ ist während der Corona-Pandemie gesamtgesellschaftlich sichtbarer geworden, als viele Menschen in ihrer Nachbarschaft Einkaufshilfen oder andere Dienste angeboten haben. Dennoch fehlt oftmals die gesellschaftliche Anerkennung für die Leistung von Ehrenamtlichen. „Wenn man erzählt, man ist ehrenamtlich aktiv, dann reagieren zwar viele positiv und sagen: ‚Ach, das ist ja cool.‘ Aber es ist ein bisschen so, als würde man sagen, ‚Ich spiele Volleyball.‘ Viele sehen gar nicht, dass unsere Ehrenamtlichen sich selbst und ihre Zeit für andere Menschen einsetzen – es ist irgendwie selbstverständlich. Das ist schade“, sagt Nina Mamarbachi. „Ehrenamt ist eine Einstellung, dafür muss man auch der Typ sein.“

Seit Oktober 2021 fahren die Johanniter die Corona-Testaktivitäten langsam zurück. So bleibt für Nina Mamarbachi mehr Zeit für die eigentliche Aufgabe: der Stärkung des Ehrenamtes und der Gewinnung neuer Helferinnen und Helfer. Als Schlüssel für erfolgreiche Ehrenamtsarbeit bei den Johannitern sieht sie die Kommunikation zwischen Haupt- und Ehrenamt. „Wer sich abends nach der Arbeit oder an den Wochenenden engagiert, braucht auch zu diesen Zeiten Ansprechpersonen. Auf diese Bedürfnisse wollen wir noch stärker eingehen, zuhören, was unsere Ehrenamtlichen brauchen und so den Helferinnen und Helfern den Rücken stärken, damit sie ihre Einsätze gut bewältigen können. Das wünsche ich mir fürs Ehrenamt.“

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