16.02.2023 | Dienststelle Ortsverband Hannover-Wasserturm

Eine wichtige Fracht

Domenik Jung ist Fahrer im Blut- und Organtransport bei den Johannitern

Jetzt muss es schnell gehen. Johanniter Domenik Jung lässt das Sicherheitstor am Flughafen hinter sich und drückt auf den Knopf. Das Blaulicht leuchtet auf, das Martinshorn beginnt zu heulen. Jung hat eine wichtige Fracht an Bord seines Fahrzeugs. Neben einem Chirurgen und einer studentischen Perfusionistin, die dem Chirurgen assistiert, transportiert er eine frisch gespendete Lunge. Jetzt zählt jede Minute. Das Organ muss in einer speziellen Kühlbox so schnell wie möglich zur empfangenden Person gelangen. In gerade mal 15 Minuten kommt er am Krankenhaus an.

Domenik Jung ist Johanniter aus Leidenschaft und arbeitet seit rund 15 Jahren nebenberuflich im Blut- und Organtransport in Hannover – aus Überzeugung! Seine Arbeit und vor allem das Thema Organspende liegen ihm Herzen. „Ich würde mir wünschen, dass sich mehr Menschen Gedanken über eine mögliche Organspende machen. Im besten Fall entscheiden sie sich dafür, denn damit können sie ein oder mehrere Leben retten. Wichtig ist es auf jeden Fall, seinen Hinterbliebenen diese Entscheidung nicht zu überlassen und sie damit in ihrer Trauer eventuell zu überfordern“, sagt der 35-Jährige. Jung engagiert sich deshalb ehrenamtlich in der Aufklärung, hält Vorträge, ist als Botschafter für den Organspendelauf 2023 unterwegs und macht in den sozialen Medien auf das Thema aufmerksam. „Es gibt viel zu viel Unwissenheit. Viele denken immer noch, ihnen wird im Notfall nicht gut genug geholfen, um ihr Leben zu retten, wenn sie Organspender sind. Das ist aber ein Irrtum. Es gilt natürlich, jedes Leben zu retten. Sollte dies aber trotz aller Bemühungen der Rettungskräfte und des medizinischen Personals nicht gelingen, müssen zuerst zwei Ärzte oder Ärztinnen unabhängig voneinander den Hirntod feststellen, bevor Organe entnommen werden dürfen. Sofern der Patient dem zugestimmt hat“, erklärt Domenik Jung.

Zusätzlich zu dieser Aufklärungsarbeit übernimmt der Johanniter nötige Transportfahrten, wenn es ein passendes Spenderorgan für einen wartenden Patienten gibt. Eine Schicht im Blut- und Organtransport beginnt um 7 oder 17 Uhr. Dann werden zunächst Fahrzeug und Telefon übergeben. Zum Arbeitsalltag gehören der Check des Fahrzeugs genauso wie das Reinigen und Desinfizieren von Auto und Arbeitsmaterial dazu. Oft finden sich noch ein paar Minuten für den Austausch mit dem Kollegen der Vorschicht. War es ruhig oder viel los? Was bist du gefahren?

Bei einem Organtransport wird üblicherweise nicht nur das Organ an sich transportiert, sondern auch das dazugehörige Ärzteteam, das die Transplantation übernimmt. Die Fahrten können einiges an Zeit und Kilometern aufweisen. „Wir sind deutschlandweit sowie in allen umliegenden Ländern, die bei der Stiftung Eurotransplant angeschlossen sind, unterwegs. Wir in Hannover fahren zum Beispiel Organspendenkoordinatoren der Deutschen Stiftung Organtransplantation, Ärzteteams und Spenderorgane zu den jeweiligen Krankenhäusern. Beim Organtransport unterscheiden wir zwischen sogenannten Abdominal-Chirurgen, die wir in ganz Niedersachsen ans Ziel bringen, und Herz-Thorax-Chirurgen, die wir maximal zwei bis zweieinhalb Stunden um das Krankenhaus des Organspenders transportieren“, erklärt Domenik Jung. Dies liegt unter anderem an der sogenannten Ischämie-Zeit, also der Zeit, in der das Organ nicht mit Sauerstoff versorgt wird. Diese ist von Organ zu Organ unterschiedlich.

Für die Lunge, die Jung diesmal am Flughafen mit dem Ärzteteam entgegengenommen hat, bewegt sich alles im Zeitrahmen. Am Krankenhaus angekommen, springen Chirurg und Perfusionistin sofort aus dem Auto. Während für den schon auf die Operation vorbereiteten Patienten oder die Patientin jetzt ein neuer Lebensabschnitt beginnt, endet für Domenik Jung hier der Einsatz. Was ist das für ein Gefühl nach so einer Fahrt? „Ein gutes“, fasst er es kurz zusammen. „Eine Person kann jetzt ein neues, hoffentlich gesundes und sorgenfreies Leben beginnen. Ich drücke die Daumen dafür.“