Mosambik: Wo es keinen Arzt gibt

Patientinnen und Patienten warten auf ihre Behandlung in der Gesundheitsstation
Patientinnen und Patienten warten auf ihre Behandlung in der Gesundheitsstation.

Berlin / Beira, 25. Februar 2020

Durch den Wirbelsturm Idai im März 2019 brach in den betroffenen Regionen Mosambiks vielerorts die Gesundheitsversorgung zusammen. Dem gegenüber stand ein Anstieg von Krankheiten und steigende Mangel- und Unterernährung. Die Johanniter unterstützten die lokale Partnerorganisation Esmabama bei der Stabilisierung der Gesundheitsversorgung und helfen nun bei der Instandsetzung von Ackerflächen. Diese sollen zukünftig wieder vier Schulen mit Mahlzeiten für rund 2000 Schüler versorgen können.

„Einen Arzt? Den haben wir seit 2017 nicht mehr“, sagt Gilberto Issu. Er ist ausgebildeter Sanitäter und Leiter des Gesundheitszentrums in dem abgelegenen Ort Estaquinha. Die Situation ist keine Ausnahme. In vielen ländlichen Zonen Mosambiks ist die Gesundheitsversorgung prekär. Es fehlt an qualifiziertem Personal, medizinischem Material und Geld. Zahlreiche Einrichtungen werden seit Jahren von kirchlichen und internationalen Organisationen unterstützt, um eine Grundversorgung irgendwie zu gewährleisten. War sie zu normalen Zeiten bereits lückenhaft, brach sie durch den Wirbelsturm Idai vielerorts komplett zusammen.

Das Gesundheitszentrum in Estaquinha liegt im Flachland Mosambiks und steht rund 25.000 Menschen zur Verfügung. Nach dem Sturm und den tagelangen Überflutungen war das Patientenaufkommen um rund 50 Prozent gestiegen, denn viele kleine Gesundheitsposten wurden beschädigt oder zerstört. Estaquinha war plötzlich der einzige Anlaufpunkt weit und breit. „Bis zu 200 Patienten mussten wir täglich versorgen. Kleine chirurgische Eingriffe bei Schnittwunden nehmen wir selbst vor“, sagt Issu. Wenn die elf Mitarbeitenden des Zentrums mit ihrem Latein am Ende sind oder die Fälle ihre Kompetenzen übersteigen, verweisen sie die Patienten an den nächsten Arzt. Der arbeitet rund eine Autostunde entfernt.

Im Mai 2019 begannen wir damit, die Organisation Esmabama und das Zentrum in Estaquinha zu unterstützen. Medikamente wurden geliefert, Moskitonetze verteilt und Ehrenamtliche dabei unterstützt, die Familien über den Schutz vor Krankheiten aufzuklären. Vor allem Malaria hatte sich nach den Fluten ausgebreitet. Ein Gaskühlschrank für die Impfstoffe stand im November noch auf der Beschaffungsliste, ist aber in Mosambik schwer zu bekommen. Esmabama will in Simbabwe oder Südafrika ein Gerät suchen. Alltag in einem Land, in dem das Leben und Überleben täglich improvisiert werden muss.

Pellagra und Unterernährung

Gesundheitsaktivistinnen klären Mütter über Pellgra auf
Gesundheitsaktivistinnen klären Mütter über Pellgra auf.

Vor allem Kleinkindern sind betroffen. An einem Mittwochmorgen warten bereits Dutzende Mütter mit ihren Töchtern und Söhnen im Zentrum. Ehrenamtliche klären sie während der Wartezeit über Pellagra auf. Die Krankheit ist Folge eines Vitamin B-Mangels und vor allem durch Hautausschläge zu erkennen. Unbehandelt kann sie das Nervensystem schwer schädigen. Pellagra tritt in Regionen auf, in denen über einen längeren Zeitraum Mangelernährung herrscht. „Wir haben seit Idai 40 Fälle bei uns registriert. Täglich behandeln wir rund fünf Fälle von moderater Unterernährung“, beschreibt Issu die Situation.

Das Problem hierbei ist, dass es oft keine Zusatznahrung zum Behandeln gibt: Diese kommt meist über UN-Programme aus der Provinzhauptstadt Beira, schafft es aber nicht immer in die abgelegene Region. Deshalb war Zusatznahrung eine wichtige Komponente unseres Projekts. Regina hat noch mal Glück: Ihr einjähriger, unterernährter Sohn erhält seit fünf Monaten Zusatznahrung. Heute nimmt sie ein paar Päckchen Erdnusspaste aus den dürftigen Reserven des Zentrums mit. Gilberto Issu weiß, dass er sich wieder um Nachschub kümmern muss.

Ernährung, Bildung und Gesundheit als Eckpfeiler

Trotz der schwierigen Situation hat Estaquinha einen entscheidenden Vorteil: Esmabama verfolgt in der einstigen Missionssiedlung einen integralen Ansatz. Gesundheit, Bildung und Ernährung sind die drei Eckpfeiler. Neben dem Gesundheitszentrum betreibt Esmabama eine Schule und bewirtschaftet nebenan ein 57 Hektar großes Feld. Dort werden die Nahrungsmittel angebaut, mit denen die rund 2000 Schulkinder in den insgesamt vier Schuleinrichtungen von Esmabama mit täglichem Schulessen versorgt werden. Doch seit Idai liegen die Flächen brach. Der Acker muss begradigt und dicke Schlammschichten entfernt werden, damit wieder Mais, Bohnen oder Tomaten wachsen können. Die Anmietung von schwerem Gerät wird durch ein neues Projekt der Johanniter gefördert, um zügig wieder eine Eigenversorgung zu ermöglichen. Denn dann sind auch wieder die Schulmahlzeiten gesichert und ein gesünderes Aufwachsen der Kinder in der Region ist möglich.

Alice Abios Mabolisse

Alice Abios Mabolisse lebte in der Nähe des Flusses Búzi, als sie in der Nacht von den Flutwellen überrascht wurde. Sie musste mit ihren drei Kindern auf Bäume klettern, um sich vor den Wassermassen in Sicherheit zu bringen. Dort verbrachten sie vier Tage ohne Essen und Trinken, ihre Kinder musste Alice mit Tüchern festbinden, damit sie nicht herunterfallen konnten. Zusammen mit 300 anderen Familien wurden sie in das höher gelegene Camp Begaja evakuiert. Auch heute noch versorgen Hilfsorganisationen das Camp und die Familien, die durch die Katastrophe alles verloren haben.
"Bitte vergesst uns nicht! Wir arbeiten hart, um wieder ein besseres Leben führen zu können, aber bis wir uns vollständig von den Folgen des Zyklons erholt haben, ist es noch ein weiter Weg."
Alice lässt sich dennoch nicht unterkriegen und engagiert sich aktiv, um die Bedingungen im Camp zu verbessern. Dafür wurde sie von der lokalen Partnerorganisation zur Helferin ausgebildet und unterstützt die Organisation zum Beispiel bei der Verteilung von Hilfsgütern. Sie ist dankbar für jede Hilfe, die sie und die anderen Familien erhalten, auch wenn die Bedingungen im Camp in vielen Bereichen weiterhin verbesserungswürdig sind. Sie hofft, dass Hilfsorganisationen wie die Johanniter die Menschen weiterhin unterstützen.

Frauen warten in Chimoio auf Verteilung von Saatgut

Die Auslandshilfe in Mosambik

In Mosambik unterstützen wir die von Zyklon Idai betroffenen Menschen, um Schäden zu beseitigen und die Eigenversorgung zu stabilisieren.

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