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Der Kreuzweg

und seine 14 Stationen

Der Kreuzweg - die liturgische Form einer persönlichen Nachfolge des Weges Christi. In Andacht und Besinnung den Weg Jesu selbst nachgehen: von sei­ner Verurteilung durch Pilatus, den schweren Gang hinauf nach Golgatha, die Kreuzigung, sein Sterben bis zur Grablegung. Auf Texte der Passion aus der Bibel und der Tradition hören. Die eigene Situation und Einstellung vergegen­wärtigen.  Stille werden.

14 Stationen des Kreuzweges zum geistlichen Mitgehen und Innehalten und Nachdenken und Beten. Die Spuren Jesu im eigenen Leben entschlüsseln. Geführt werden bis zum Altar und unter das Kreuz. Danken am Tisch des Herrn, zu dem wir bei jedem Abendmahl eingeladen sind. Und dann weiter blicken in das Licht, das eine Ahnung von der Auferstehung gibt. Einen Schimmer von der Helle, die der Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus dem Leben gibt.

Die vorliegenden Texte orientieren sich bewusst an der Form, die in der katholischen Liturgie den Kreuzweg prägt. Aber auch als evangelische Christen können wir ihn bedenken. So wird er zur Besinnung auf den gemeinsamen Herrn unserer Kirchen. Die Predigt Jesu Christi, sein Leben, seine Erlösung sind das Fundament, das uns im Glauben an den menschgewordenen Gott versöhnt und vereint.

Die Dramaturgie der 14 Textseiten folgt einem meditativen Anliegen:
Situation und Station des Weges Jesu
Übertragung auf unser eigenes Leben
Gebet um Gottes Erbarmen

Peter Kollmar

1. STATION - DAS URTEIL

„Weg, weg mit dem! Kreuzige ihn!"

„Als Pilatus diese Worte hörte, führte er Jesus heraus und setzte sich auf den Richterstuhl an der Stätte, die da heißt Steinpflaster. Da überantwortete er ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde." (Johannes 19, 13.16)

Jesus schweigt. Nimmt das Urteil an.

Der Mechanismus funktioniert gewohnt. Schuld sind immer die anderen: der Pöbel, dem man ein Opfer zur Beruhigung geben muss - die Obrigkeit, die die Macht hat. Alle können ihre Hände in Unschuld waschen. Aber das Urteil „schuldig bis zum Tode" gilt erbarmungslos. Und seine Vollstreckung nun leider zwangsläufig. Nie von uns gewollt.

Unbeteiligt scheinen, die Verantwortung auf andere abschieben - so suchen wir täglich die Selbstentschuldigung.

Wir beten:

Herr Jesus, um uns zu retten, hast du das Todesurteil des Pilatus schweigend angenommen. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

2. STATION - DIE ANNAHME DES KREUZES

„Sie nahmen ihn aber, und er trug sein Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf hebräisch Golgatha.“ (Johannes 19, 16.17)

Jesus beugt sich unter den Willen seines Vaters im Himmel. Nimmt das Kreuz auf sich.

Es sind mehr als Sprichwörter: „Einen Schmerzensweg gehen“ und „Unter dem Kreuz der Arbeit, einer Krankheit leiden“. Es sind uns Erfahrungen.  „Sein Kreuz auf sich nehmen“ kann heißen, sich seinem Leben stellen.

Wir beten:

Herr Jesus, wenn uns ein Kreuz auferlegt ist, gehen wir den Weg nicht alleine. Du gehst ihn mit uns. Wir bitten dich: Erbarm dich über uns und über die ganze Welt.

3. STATION - DER ERSTE STURZ

Der Mensch Jesus bricht unter seinem Kreuz zusammen. Wird zum Weitergehen hochgerissen.

Der aufrechte Gang stolpert unter den auferlegten und empfundenen Belastungen. Bricht uns das Kreuz. Zwingt in die Knie, in den Dreck. So dass wir nicht mehr weiterwissen. Erschöpft, am Ende. Aber trotzdem erbar­mungslos hochgezwungen und weitergetrieben. Von den anderen, den Zwängen, den Erwartungen.

Wir beten:

Herr Jesus, wir kennen in unserem Leben Versagen und Erschöpfung. Du hast diese Erfahrungen mit uns geteilt. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

4. STATION - DIE BEGEGNUNG MIT DER MUTTER

Trotz eigener Bedrängnis hat Jesus noch Augen für seine Mutter. Empfindet er das Leiden seiner Nächsten.

Unter allen hämischen Blicken und kaltem Beobachten am Lebensweg auch die Anteilnahme und Begleitung der liebsten Menschen. Der Eltern, der Kinder, der Ehepartner. Sie leiden mit an unserem Leid. An dem Elend der Menschen in der Welt.

Zeichen der Verbundenheit und Verpflichtung zugleich.

Wir beten:

Herr Jesus, du leidest noch immer in unserer Welt. In deinen und unseren Schwestern und Brüdern. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

5. STATION - DIE AUFERLEGUNG DES KREUZES

„Und sie zwangen einen, der vorüberging, mit Namen Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater des Alexander und des Rufus, dass er ihm das Kreuz trage.“ (Markus 15, 21)

Unser Los können wir oft nicht aussuchen. Müssen andere Wege gehen als geplant. Haben zu ertragen, was uns zu tragen aufgebürdet ist. Wir fürchten das harte Kreuz, schrecken davor zurück. Kraft gibt, einem anderen sein Kreuz tragen zu helfen, sein Leben zu erleichtern.

Wir beten:

Herr Jesus, du hast Simon von Kyrene als Helfer angenommen, mit dir das Kreuz zutragen. Wir bitten dich: Erbarm dich über uns und über die Welt.

6. STATION - PASSIONSTUCH

Eine Frau sieht Jesu Leid, sie geht auf ihn zu und trocknet ihm das Gesicht.

Schwer ist es, sich aus der Menge heraus zu wagen, sich unter den Augen der anderen zu einem Abgestempelten zu bekennen. Aber nur so bekommen Kranke und Leidende ein Gesicht. Bewegt ihr Schicksal die Welt. Erkennen wir das Abbild des Angesichtes Christi.

Wir beten:

Herr Jesus, halte dein Angesicht nicht vor uns verborgen. Wir bitten dich: Erbarm dich über uns und über die ganze Welt.

7. STATION - DER ZWEITE STURZ

Der Mensch Jesus bricht wieder unter seinem Kreuz zusammen. Wird zum Weitergehen hochgerissen.

Als ob das Auferlegte nicht schon genug wäre. Die Verzweiflung erdrückt, macht die Beine schwach. Ein Stück vorwärts bringt nur noch der Sturz nach vorn.

Wie oft fallen wir in die alten Sünden und Fehler. Wir haben keine Kraft und keine Ausdauer im Guten.

Wir beten:

Herr Jesus, im Übermaß des Schmerzes bist du ein zweites Mal für uns unter dem Kreuz zu Boden gesunken. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

8. STATION - DIE BEGEGNUNG MIT DEN FRAUEN

Jüngerinnen am Wege, die ihren gequälten Herrn beweinen. Er sieht in ihnen alle gequälten Frauen dieser Erde.

Schläge, Narben und Foltermale - bleibende Spuren des äußeren Leids. Unsichtbar und doch tiefer die inneren Verletzungen, die verschwiegenen Leiden, die stummen Schreie. Oft spüren wir nur den eigenen Schmerz und übersehen die Not der anderen.

Wir beten:

Herr Jesus, mitten im eigenen Leid hast du an all die kommende Not der Mütter und Kinder deines Volkes gedacht. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

9. STATION - DER DRITTE STURZ

Nochmals bricht der Mensch Jesus unter seinem Kreuz zusammen. Wird wieder zum Weitergehen hochgerissen.

Unendlich lang erscheint ein Weg. Ausgeblutet die Lebenskraft. Einsamkeit und Verlassenheit verschlingen den letzten Mut. Körper und Seele sinken in sich zusammen unter Angst und Verzweiflung. Die letzte Stunde naht.

Wir beten:

Herr Jesus, du willst das Werk vollenden, das dein Vater dir aufgetragen hat. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

10. STATION - DIE ENTBLÖSSUNG

„Und sie teilten seine Kleider und warfen das Los, wer was bekommen solle.“ (Markus 15, 24)

Jesus werden für die Kreuzigung die Kleider vom Leib gerissen.

Die letzte Würde genommen. Nackt zur Schau gestellt. Sich den erbarmungslosen Blicken wie ein Verbrecher schutzlos ausgeliefert fühlen. Wie oft missachten und verachten wir die Anderen. Stellen sie bloß und lassen nichts Gutes an ihnen.

Wir beten:

Herr Jesus, du hast auch diese letzte Schmach für uns tragen wollen. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

11. STATION - DIE NAGELUNG

„Und sie kreuzigten ihn.“ (Markus 15,24)

Durch Hände und Füße wird Jesus ans Kreuz geschlagen. Dann wird es aufgerichtet.

Auf Etwas festgenagelt sein. Bewegungslos an Händen und Füßen. Ausgeliefert. Den Tod vor Augen. Wie oft sind wir gebunden an Menschen, gefesselt and Aufgaben, denen wir entrinnen möchten. Christus gibt uns die Kraft, sie in der Freiheit der Liebe zu erfüllen.

Wir beten:

Herr Jesus, du hast dich für uns ans Kreuz nageln lassen. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

12. STATION - DER KREUZESTOD

„Und zu der neunten Stunde rief Jesus laut: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘“ (Markus 15,34)

Und sterbend betet er: ‚Es ist vollbracht‘ und neigte das Haupt und verschied. (Johannes 19,30)

Die Einsamkeit des Sterbens. Die Angst vor dem Ende. Die Hilflosigkeit angesichts des Todes.

Es gibt kein sinnloses Leid mehr für den, der an Christus glaubt. Auch im tiefsten Abgrund ist der Gekreuzigte bei ihm.

Wir beten:

Herr Jesus, dem Willen des Vaters gehorsam, bist du am Kreuz für das Heil der Menschen gestorben. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

13. STATION - DIE ABNAHME DES KREUZES

„Am Abend aber kam ein reicher Mann aus Arimthäa, der hie ß Josef und war auch ein Jünger. Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu. Da befahl Pilatus, man sollte ihm ihn geben.“ (Matthäus 27. 57.58)

Die Begegnung mit dem Tod von Menschen, die uns nahestehen. Der Umgang mit dem Toten. Ein letzter Liebesdienst. Unausweichlich auch der Gedanke an den eigenen Tod.

Wir beten:

Herr Jesus, du hast unser menschliches Leben bis in das Sterben und den Tod mit uns geteilt und hast dich immer der Liebe Gottes anvertraut. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

14. STATION - DIE GRABLEGUNG

„Und Josef nahm den Leib und wickelte ihn in ein reines Leinentuch und legte ihn in sein Grab, das er in einen Felsen hatte hauen lassen, und wälzte einen großen Stein vor die Tür des Grabes.“ (Matthäus 27. 59.60)

Wir sollten nicht trauern wie die Anderen, die keine Hoffnung haben. Denn Christus ist auferweckt von den Toten als der Erste unter den Entschlafenen. Wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist. Ebenso gewiss wird Gott auch alle, die im Vertrauen auf Jesus gestorben sind, mit Jesus zusammen zu sich holen. (1. Thessalonicher 4, 13.14)

Wir beten:

Herr Jesus, du hast das Schicksal des Grabes mit uns geteilt. Doch am dritten Tage bist du auferstanden von den Toten. Wir bitten dich: Erbarme dich über uns und über die ganze Welt.

SCHUSSGEBET

Allmächtiger, ewiger Gott.
Wir danken dir,
dass du durch den Tod
und die Auferstehung deines Sohnes
unser Leben erneuert hast.
Gib, dass wir durch die Teilnahme
am Kreuzweg bereit werden,
unser Kreuz geduldig
und beharrlich zu tragen
und dir treu zu dienen.
Schenke allen,
für die wir gebetet haben,
deine Gnade
und führe unsere Verstorbenen
zur Auferstehung.
Durch Jesus Christus unseren Herrn.
Amen

Die Texte sind ursprünglich geschrieben zu den 14 Kreuzwegstationen in der Maria Magdalena Kapelle des Landeskirchenamtes in Wolfenbüttel, die der Künstler Gerd Winner geschaffen hat.