johanniter.de

Ostpreußenhilfe

Bereits seit fast 60 Jahren hilft die Preußische Genossenschaft im ehemaligen Ostpreußen. In der Tradition des Ordens und unserer Väter fühlen wir uns den in diesem Gebiet lebenden bedürftigen Menschen und den dortigen evangelischen Gemeinden im besonderen Maße verbunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg formierte sich die Preußische Genossenschaft des Johanniterordens im Jahr 1948 erneut. Erste karitative Aktivitäten waren die Betreuung deutscher Kriegsgefangener und die Versorgung Not leidender Einzelpersonen und Familien in der sowjetischen Besatzungszone mit Paketen.

 

Mit Paketen in das südliche ehemalige Ostpreußen fing es an

Darüber hinaus gab es aber auch Kontakte zu in Masuren zurückgebliebenen Deutschen. Seit 1962 versendet die Preußische Genossenschaft Hilfspakete in das südliche Ostpreußen, also nach Ermland und Masuren. Die dafür nötigen Adressen erhielt sie unter anderem durch enge Kontakte zur „Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen“ (GeO) und zur Bruderhilfe der Landsmannschaft. In den 80er Jahren durchlebte Polen schwere Zeiten. In diesen Jahren betreute die Genossenschaft im Rahmen ihrer Paketaktion jährlich über 200 deutsche Familien.

Die Genossenschaft trug den Großteil der Versandkosten. Jedoch wurde der Versand neben den hinzugekommenen Transporten zu teuer, und die aus ihrer Sicht wichtige Korrespondenz nahm durch den stetigen Rückgang an Deutschkenntnissen bei den Empfängern zusehends ab. So beendete sie 1997 nach 35 Jahren diese Art der Unterstützung. Bis dahin waren nahezu 5.800 Pakete mit einem Gesamtwert von 425.000,- DM verschickt worden.

1982 organisierte die Genossenschaft ihren ersten Transport mit Paketen zu ihren Schutzbefohlenen. Seit 1986 fahren Mitglieder der Preußischen Genossenschaft regelmäßig Hilfstransporte in ihr Betreuungsgebiet, dem ehemaligen Ostpreußen. Nach Öffnung des russischen Teils von Ostpreußen im Jahre 1991 fuhren sie seit 1992 regelmäßig humanitäre Transporte auch in das Königsberger Gebiet und betreuen evangelische Gemeinden und hilfsbedürftige humanitäre Gemeinschaften vor Ort. Durch den unseligen Angriffs der Ukraine seitens Russlands und vielfältiger Sanktionen mussten die Besuche und Hilfslieferungen in das Königsberger Gebiet seit Februar 2022 erst einmal eingestellt werden.

Hilfstransporte nach Masuren und Ermland seit 1986

Diese Transporte bilden bis heute das Rückgrat der Hilfeleistungen. Alles entwickelte sich recht schnell. Zunächst galt es, die Hilfsbedürftigkeit vor Ort zu ermitteln. Dann mussten immer wieder Spender gefunden werden, auch Lagerräume und eigene Transportfahrzeuge waren unerlässlich. Als erste Anlaufpunkte boten sich die evangelischen Gemeinden im südlichen Ostpreußen an. In diesen Diaspora-Gemeinden konzentrieren sich die Deutschen und die deutschstämmigen Polen. Neben den evangelischen Gemeinden und einigen Vereinen der Deutschen Minderheit waren gemäß dem Ordensauftrag besonders Krankenhäuser eine Zielgruppe für unsere Hilfen. Zu erwähnen sind neben den ehemaligen Johanniter-Krankenhäusern in Neidenburg, Preußisch Holland, Bartenstein, die Krankenhäuser in Allenstein, Soldau, Osterode, Suwalki und Braunsberg sowie eine Reihe von Altenheimen, Waisenhäusern und Obdachlosenheimen.

Neben den Hilfslieferungen hat die Genossenschaft eine Fortbildung für junge Ärzte und Therapeuten in Johanniter-Krankenhäusern in der Bundesrepublik Deutschland aufgebaut. Durch die Beschaffung der kompletten Einrichtung und der Ausbildung des Personals konnte im Jahr 2000 eine erste Reha-Klinik in Allenstein eröffnet werden. In Osterode gründete und betreut die Genossenschaft eine Palliativstation. Durch gute Kontakte zu deutschen Kliniken und Johanniter-Krankenhäusern konnten wiederholt schwer geschädigte Patienten in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich behandelt werden.

Die Schwerpunkte bei den überbrachten Hilfsgütern für die Gemeinden liegen bei medizinischen Pflege- und Hilfsmitteln, Hygieneartikeln aber auch bei Medikamenten und zunehmend weniger bei Bekleidung. Auch Baumaterial und Möbel zum Auf- und Ausbau von Kirchen und Kapellen und Ferienwohnungen in den Pfarrhäusern wurden transportiert. Nennenswert unterstützte die Genossenschaft die Gemeinde Nikolaiken bei der Einrichtungs- und Ausrüstungsbeschaffung für das Gästehaus, das Altenheim „Arca“ und das Suchtkrankenheim in Ukta. Gegenwärtig liegt ein besonderer Schwerpunkt bei der Beschaffung und Lieferung von elektrischen Pflegebetten für Heime, Krankenhäuser und für unsere Sozialstationen.

Gemeinsam mit dem „Förderverein für die Sozialstationen in Ostpreußen e.V.“ fördert die Preußische Genossenschaft den Betrieb einer Hospizstation in Sensburg/Mragowo

Individuelle Familienbetreuung

Im Jahre 1994 übernahm die Genossenschaft die Familienbetreuung der GeO; von den damals 145 Familien werden heute noch 18 regelmäßig besucht und mit einem Geldbetrag unterstützt. Über die vergangenen 23 Jahre ist ein Betrag von 100.000 Euro aufgewendet worden, an dem sich in früheren Jahren die Landsmannschaft Ostpreußen beteiligt hatte.

Unsere Sozialstationen in Ermland und Masuren

Einen herausragender Schwerpunkt der Genossenschaft bildet heute die Betreuung von 6 Sozialstationen (SozSt), die 1993 in Kooperation mit der Johanniter Unfall Hilfe (JUH) aufgebaut wurden: Johannisburg und Sensburg (1993), Osterode (1994), Angerburg (1995), Bartenstein (2004) und Wormditt (2008). 2021 wurde die Station in Johannisburg nach Gehlenburgh verlegt und die Osterode wurde in eine Verleihstation umgewandelt. Die Bartensteiner Station wurde 2022 nach Loyden/Lajdy hart nördlich der Stadt neu verlegt.

Nachdem sich die JUH im Jahre 2007 aus der Betreuung dieser SozSt zurückgezogen hatte, übernahm die Preußische Genossenschaft die Betreuung in eigener Regie. Ein Vertrag mit den örtlichen Kommunalverwaltungen regelt, dass der laufende Betrieb der SozSt sowie die Bezahlung der Schwestern durch die polnischen Behörden bzw. in zwei Fällen durch die jeweilige evangelische Kirchengemeinde gewährleistet ist, während die Preußische Genossenschaft die laufende Versorgung der SozSt mit allem notwendigem Pflegematerial, medizinischen Hilfsmitteln und Medikamenten sicherstellt. Die Versorgung und Betreuung der Sozialstationen erfolgt in Zusammenarbeit mit dem „Förderverein für die SozSt in Ostpreußen e.V.“

Alle SozSt werden möglichst dreimal im Jahr mit den notwendigen Hilfsmaterialien beliefert, die zum erfolgreichen Betreiben der SozSt benötigt werden. Nahezu alle Hilfsmaterialen stammen aus Spenden, die in Deutschland von den Genossenschaften eingeworben werden. In dringenden Fällen werden Hilfsmaterialien und Medikamente aus Spendengeldern beschafft. Die Stationen werden unabhängig von den Versorgungslieferungen durch Beauftragte des Fördervereins und  der Preußischen Genossenschaft zusätzlich regelmäßig im Jahr besucht und betreut; dabei werden auch medizinische Weiterbildungen für die Schwestern organisiert. Der Austausch mit den Kommunalbehörden stellt sicher, dass die SozSt ihre Betreuung entsprechend den Vorgaben des Johanniterordens wahrnehmen können und zu Recht das achtspitzige Kreuz der Johanniter als Qualitätsmerkmal führen. Alle Hilfssuchenden werden unentgeltlich behandelt, versorgt und ggf. besucht ohne Ansehen der Person, ihrer Herkunft oder Religion, ihres Alters oder sonstiger Unterschiede. In einer Sonderaktion wurden von 1994-2017 alle Patienten der Sozialstationen zu Weihnachten mit einem Paket beschenkt, finanziert durch eine Weihnachtsspende aller Genossenschaftsmitglieder. 

Um die eingeworbenen Spenden bedarfsgerecht verteilen zu können, unterhält die Genossenschaft ein Materiallager in Schwelm. Die Transporte werden in aller Regel ehrenamtlich durch Ritterbrüder mit einem genossenschaftseigenen LKW oder zunehmend mit professionellen polnischen Spediteuren nach Ostpreußen überbracht.

In der Regel gehen jährlich zwischen 8 bis 10 Hilfstransporte in das südliche Ostpreußen. In Verantwortung der Preußischen Genossenschaft sind bis 2020 insgesamt 554 Transporte in dieses Betreuungsgebiet gefahren und in einem Gesamtwert von knapp 22 Millionen € konnten Hilfsgüter verteilt werden.  

Hilfen und Betreuung im Königsberger Gebiet

1992 begann die Genossenschaft, ihre humanitäre Hilfe mit Transporten auch auf das Königsberger Gebiet auszuweiten. Die Zustände und die Bedürftigkeit im russischen Ostpreußen sind auch heute noch unvergleichlich problematischer. Es begann mit gezielten Hilfen für gerade aus dem Osten der ehemaligen Sowjetunion eingetroffenen russlanddeutschen Familien, die sehr bedürftig in einfachsten Verhältnissen auf dem Lande angesiedelt wurden. Die über die Jahre angepassten Unterstützungsschwerpunkte sind heute vor allem die evangelischen Gemeinden Königsberg und Gumbinnen. Mit erheblichem finanziellem Engagement beteiligt sich die Preußische Genossenschaft dank sehr großzüger Spender an der Finanzierung von Betreuungsplätzen in dem Altenheim der Propstei Königsberg, dem Carl-Blum-Haus in Malenuppen.

Funktionsentscheidende Unterstützung gab die Genossenschaft über die Jahre den beiden ehemaligen Johanniter-Krankenhäusern Gerdauen und Heiligenbeil, aber auch der Diakoniestation der Salzburger Kirche in Gumbinnen, dem Krankenhaus Ragnit und der Psychiatrie Hohenbruch. Eine wichtige Aufgabe übernahm die Genossenschaft seit 1999 im Lehrer-College Insterburg mit der Gründung eines von ihr getragenen Sozialfonds zur medizinischen und sozialen Betreuung der jungen Studenten und Studentinnen. Außerdem wurden Studenten-Patenschaften vermittelt. Über die Jahre hat der Moskau unterstehende Zoll laufend seine Vorgaben verschärft. Die Abfertigung an der Grenze und beim Binnenzoll ist überaus zeitaufwendig, oft auch unberechenbar. Auch die Visa-Vergabe für humanitäre Einreisen wird zunehmend erschwert und verzögert. Es bedarf hoher Einsatzbereitschaft, um diese Arbeit - derzeit 3-5 Fahrten pro Jahr - fortzusetzen! Seit 1992 erfolgten 337 Transporte in das Königsberger Gebiet; 457 t Hilfsgüter mit einem Gesamtwert von 3,65 Millionen € wurden geliefert.

Hilfen für das Memelland

Die Preußische Genossenschaft betreibt gemeinsam mit der JHG-Berlin ein Anfang der neunziger Jahre von der Provinzial-Sächsische Genossenschaft gegründetes Hilfsprojekt im Raum Heydekrug, heute Silute, in Litauen. Mit Hilfe der dortigen Diakoniestation Sandora mit dazugehöriger Kleiderkammer und Suppenküche werden zumeist deutschstämmige arme Leute unterstützt. Kern dieser Hilfen ist ein Patenschaftsprogramm, mit dem regelmäßig Geldspenden gesammelt werden. So können Mitglieder der Preußischen Genossenschaft jährlich gut 6.000 € an etwas 40 Hilfsbedürftige vor Ort verteilen. Auch eines der wenigen noch lebenden „Wolfskinder“ kommt in den Genuss einer Spende. Das Memelland mit seinen vier Kreisen (Memel-Stadt, Memel-Land, Heydekrug und Pogegen) war bis kurz nach dem I. Weltkrieg ein Teil Ostpreußens. 

Wie Sie uns unterstützen können

Alle Leistungen der Ostpreußenhilfe werden ehrenamtlich erbracht. Die Preußische Genossenschaft trägt die reinen Transport- und Fahrzeugkosten aus Spenden. Jedem, der sich daran beteiligen möchte, sei unser Konto genannt:

Sparkasse Hildesheim-Goslar-Peine

IBAN: DE84 2595 0130 0070 0605 33
BIC: NOLADE21HIK

Verwendungszweck: Ostpreußenhilfe.

Wenn Sie sich einen weitergehenden Einblick in verschiedene Einzelprojekte unserer Ostpreußenhilfe nehmen wollen, finden Sie sie unter dem Menüpunkt "Aktivitäten".

Kooperation der vier Ostgenossenschaften 

Alle vier „Ostgenossenschaften“ des Johanniterordens (Pommern, Posen-Westpreußen, Preußen und Schlesien) betrachten die Osthilfe als ihre Kernaufgabe. Der EU-Beitritt Polens hat daran wenig geändert; denn alle Ritterbrüder erleben bei jedem Besuch aufs Neue, dass unsere Unterstützung höchst willkommen ist und noch lange notwendig sein wird.
Die Ostgenossenschaften stimmen ihre Hilfsmaßnahmen miteinander ab und sie unterstützen sich gegenseitig. Ihre regelmäßigen gemeinsamen Arbeitstagungen dienen dem Erfahrungsaustausch sowie der Vereinbarung gemeinsamer Aktivitäten und neuer Schwerpunkte. Während der Corona Pandemie hat sich diese Zusammenarbeit besonders bewährt.

Mit unserem Engagement in der Ostpreußenhilfe will die Preußische Genossenschaft auch einen aktiven Beitrag zur Völkerverständigung leisten.