08.08.2023 | Dienststelle Stuttgart

Staffelstab übergeben

Neue Leitung des Kriseninterventionsteams in Stuttgart

Michael Kloss, neuer Leiter des Kriseninterventionsteams Stuttgart

Nach fünf Jahren gibt Dr. Ralf Oberfell den Staffelstab an Michael Kloss weiter. Der bisherige Leiter des Kriseninterventionsteams (KIT) der Stuttgarter Johanniter wendet sich neuen Aufgaben auf Landesebene zu. Mit Michael Kloss hat er einen Nachfolger gefunden, der viel Erfahrung aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im KIT wie auch aus seinem Hauptberuf als selbstständiger Wirtschaftscoach und Supervisor mitbringt. Als fester Bestandteil des Führungsteams ist Kloss bereits seit mehr als fünf Jahren ein Sprachrohr des Teams und erhielt dadurch tiefe Einblicke auch in erste Führungsaufgaben. Hier spricht er über die neuen Aufgaben und seine Ziele für das rund 30-köpfige ehrenamtliche Team, dass zu psychosozialen Notfällen in Stuttgart alarmiert wird und den Rettungsdienst wie auch Polizei oder Feuerwehr in Akutsituationen unterstütz.


Herr Kloss, wie haben Sie den Weg zu den Johannitern gefunden?

Alles begann 2008. Ich machte mich damals auf die Suche nach etwas Sinnstiftendem, bei dem ich mich selbst unmittelbar einbringen konnte. Zur gleichen Zeit waren medial viele große Katastrophen präsent. So bin ich auf die Psychosoziale Notfallversorgung und die Krisenintervention aufmerksam geworden. Kurz danach auf das KIT der Johanniter in Stuttgart. Nach einem Schnupperpraktikum begann ich mit der Ausbildung im KIT. Da ich hauptberuflich aus der Führungskräfteentwicklung komme, hatte ich einen schnellen Zugang zu den psychosozialen Themen. Die große Herausforderung war für mich der Aspekt der Notfallrettung. Heißt ein Einsatzfahrzeug fahren, Funken lernen sowie Ablaufstrukturen im Rettungsdienst mit all seinen Protagonisten zu verstehen und vor Ort im Einsatz anzuwenden. Das ist eine ganze eigene Welt.

Wie bahnte sich der Leitungswechsel an?

Unsere interne Leitungsgruppe wurde sehr frühzeitig ins Boot geholt und wusste bereits ab Herbst 2022 von Ralfs bevorstehenden Weggang. Die logische Folge war natürlich die Frage, wer die Nachfolge übernehmen kann. Aus der Leitungsgruppe heraus wurde ich darauf angesprochen. So etwas freut einen natürlich. Allerdings löste es in mir auch die Frage „Kann ich diese Aufgabe in mein Leben integrieren“ aus. Zumal Ralf auch sehr große Fußspuren hinterlässt. Er hat in den vergangenen fünf Jahren das Johanniter-KIT neustrukturiert und auf sehr solide Beine gestellt. Das merken wir auch an unserer öffentlichen Wirkung, dem Zusammenhalt im Team und dem entgegengebrachten Vertrauen.

Was hat Sie dazu bewegt, sich dann endgültig für diese neue Rolle zu entscheiden?

Letztlich ist es ein Mix aus verschiedenen Faktoren. Zum einen möchte ich fortführen, was Ralf begonnen hat. Das Teamgefühl und unsere gute Reputation weitertragen. Dann bringe ich viel Erfahrung mit und möchte diese gerne einbringen. Ich möchte unserem Team eine weiterhin positive Entwicklung gewähren und genau dafür stehen. Ganz persönlich gesprochen: Reizt mich auch meine persönliche Weiterentwicklung durch diese neue Rolle. Für mich bedeutet es Wachstum auf verschieden Ebenen. Ich absolvierte eine Ausbildung und danach ein berufsbegleitendes Studium. War in verschiedenen Bereichen tätig bis zum Wechsel in die Personalentwicklung. Mein beruflicher Werdegang führte mich u.a. nach Düsseldorf, Hamburg, Reutlingen, Schwäbisch Gmünd und Wiesbaden. Seit 1999 lebe ich nun in Stuttgart und bin hier sesshaft geworden. Das Thema Weiterentwicklung begleitet mich schon mein ganzes Leben.

Herr Kloss, wie lief der Leitungswechsel ab?

Ganz ehrlich: Er ist noch nicht ganz abgeschlossen. Der offizielle Staffelstab ist übergeben. Alle Kooperationspartner und auch das Team sind informiert. Mit Ralf hat eine sehr gute Übergabe stattgefunden. Trotzdem fällt immer wieder noch etwas auf, wo gegenseitige Rückfragen notwendig sind. Auch wieder ein Zeichen unseres Teamgeistes und zeigt die kooperative Zusammenarbeit zwischen Ralf als bisherigem Leiter und mir als neuem. Er steht uns weiterhin für Fragen zur Verfügung und so entsteht ein fließender Übergang. So hat er beispielsweise das Projekt „neues Einsatzfahrzeug“ begonnen und sehr viel Vorarbeit geleistet. Sehr viel Zeit und Liebe hineingesteckt. Dennoch hat er es mir im völligen Vertrauen übergeben und nun führe ich es fort. Suche Unternehmen, die unsere Arbeit durch Spenden unterstützen möchten und in diesem Fall ganz konkret die Beschaffung unseres neuen Einsatzfahrzeugs, damit das Team eine zeitgemäße und funktionale Arbeitsunterstützung für alle Einsatzlagen bekommt.

Wie hat das Team den Wechsel aufgefasst?

Natürlich gab es zu allererst Bedauern. Ralf ist eine top Führungskraft. Ihn zeichnet seine sehr kooperative und besonnene Art aus. Es gab unisono positives Feedback für ihn. Gefolgt von sehr viel Dank für seine Leistung. Nachdem das verdaut war, richteten sich vielen fragende Blicke auf mich. Ein Zeichen dafür, dass meine Entscheidung gut war. Nachdem Ralf bestätigte, dass ich seine Nachfolge antreten werde, kamen sofort positive Rückmeldung dazu. Was mich natürlich sehr freut und auch ehrt. Auch wieder ein klares Zeichen dafür, wie die Wertschätzung innerhalb unser ehrenamtlichen Einheit aussieht.

Letzte Frage: Geben Sie uns einen kurzen Ausblick, was sind ihre Ziele für das KIT?

In erster Linie, dass wir unserem Hilfeversprechen immer gerecht werden. Das Johanniter-KIT steht den Menschen in den schwersten Stunden ihres Lebens bei. Wir stehen für psychische Akutversorgung in Stuttgart. Diesem Vertrauen, dass wir als ehrenamtliche Einheit entgegengebracht bekommen, möchten wir gerecht werden. Ob von den Bürger*innen, vom Rettungssystem mit Rettungsdienst, Integrierter Leitstelle, Polizei oder Feuerwehr wie auch von den Johannitern als Hilfsorganisation. Dazu gehört auch die Sicherstellung der Dienstbereitschaft für 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr oder die sehr gute Qualität unserer Ausbildung und letztlich auch unserer täglichen Arbeit. Ein Bestandteil davon ist die weitere Personalakquise. Wir brauchen weitere Helfer*innen, die sich für Krisenintervention interessieren und Lust haben, sich ehrenamtlich dafür zu engagieren. Ein Ehrenamt ist mehr als nur die reine Aufgabe. Es bedeutet immer auch Gemeinschaft, Austausch und Sinn, was sehr bereichernd ist.

Ein zweites sehr wichtiges Thema ist die Europameisterschaft 2024, die auch in Stuttgart stattfinden wird. Wir befinden uns bereits mit allen notwendigen Stellen im Austausch und im Planungsprozess. Auch hier müssen wir uns als KIT positionieren und mit allen Beteiligten eine gute Zusammenarbeit anstreben.

Vielen Dank für das Interview.


Da sein. Mut machen. Kraft spenden. Zuhören. Einen geschützten Raum anbieten. Helfen, wenn man selbst verzweifelt ist und kein Licht mehr in der Dunkelheit sieht. In den schlimmsten Stunden steht das Kriseninterventionsteam der Johanniter Menschen bei und unterstützt mit viel Feingefühl die Betroffenen, bis sie sich wieder etwas stabiler fühlen. Bis das Soziale Netzwerk aktiviert ist. Bis die Unmacht weniger Macht über sie hat. Seit 25 Jahren erfüllen die 30 Ehrenamtlichen ihre Aufgabe in Stuttgart mit viel Leidenschaft und Hingabe. Bestens ausgebildet und immer einsatzbereit. Seit Gründung fanden weit über 6.000 Alarmierungen statt und es wurden rund 18.000 Klienten betreut. 800.000 Minuten reine Betreuungszeit direkt mit dem Klienten kamen so in einem viertel Jahrhundert zusammen, denn die Einsätze sind nicht zeitlich begrenzt. Das Johanniter-KIT bleibt so lange es notwendig ist. Die Dienstbereitschaft übersteigt diese Zahl um ein Vielfaches, da das KIT 24/7 an 365 Tagen ehrenamtlich im Dienst ist.