So gehen unsere Dienste mit der Corona-Pandemie um
Das Coronavirus hat auch die Dienste der Johanniter verändert. Wir zeigen, wie unserer Einrichtungen und Dienste auf die besonderen Herausforderungen der Pandemie reagiert haben.
Digitalisierung im Seniorenhaus
Dass Angehörige von der Straße aus ihren pflegebedürftigen Familienmitgliedern ein paar Worte zurufen, weil die Einrichtung geschlossen ist und andere Kommunikationswege fehlen – das sollte sich keinesfalls wiederholen. Einrichtungsleiterin Astrid Hadick vom Johanniter-Stift in Erkelenz (Kreis Heinsberg) reagierte in der Zeit des ersten Lockdowns im März schnell: Dem Engagement von Angehörigen von Bewohnern folgend, wurden Tablet-Computer eingeführt, um Kontakte über Videotelefonie auch in schwierigen Zeiten aufrecht erhalten zu können.
Wenn die 93-jährige Agnes Peters an diese Zeit zurückdenkt, steigen ihr noch heute die Tränen in die Augen. Auch für sie war damals der direkte Kontakt mit ihren beiden Söhnen für Monate tabu. Umso willkommener kam ihr die heute noch rege genutzte Möglichkeit zur Kontaktaufnahme, etwa wenn ihre Angehörigen länger unterwegs sind und sie nicht besuchen können.
„Die Gespräche zwischen unseren 102 Bewohnern und ihren Angehörigen sind eher kurz – aber die Freude, die Kinder und Enkel einfach mal wiederzusehen, dafür immer sehr groß“, sagt Julia Thelen, die im sozialen Dienst des Johanniter-Stifts Erkelenz arbeitet.
Nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner profitieren für die Privat-Kommunikation von den Geräten. Inzwischen nutzen diese sogar die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch der soziale Dienst bietet dank spezieller Apps Übungen zum Gedächtnistraining an.
Und schließlich ist da noch ein Generationen verbindendes Element: „Die Senioren fragen sich ja schon, warum die junge Generation so viel auf Bildschirme starrt. Jetzt sehen sie diese digitale Welt anders und verstehen den Nutzen“, so Julia Thelen.
Endlich Schule
Aus einem Pilotprojekt der Johanniter in Zusammenarbeit mit der Uni Kassel hat die Corona-Krise eine ständige Einrichtung gemacht - und bietet seither auch Kindern mit Behinderungen eine Chance. Die Rede ist von der „Quasi-Schule“ der Johanniter in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Kassel-Niederzwehren. Dort unterrichteten die Johanniter bislang Kinder von Familien, bei denen in einem laufenden Asylverfahren die gesetzliche Schulpflicht noch nicht griff. Als die „Quasi-Schule“ durch die coronabedingten Schließungen im Frühjahr nur noch eingeschränkt möglich war, organisierten die Johanniter eine Ferienakademie mit Deutschkursen, Mathe und vielen Sachthemen, die sich an der Lebenswirklichkeit der Kinder orientieren.
„Wir wollen den Kindern Bildung ermöglichen und unterrichten sie deshalb hier in unserer Einrichtung mithilfe unserer Pädagogen im Team und mit ehrenamtlich aktiven anderen Geflüchteten“, erklärt Henrik Ernst, Fachbereichsleitung Flüchtlingshilfe und Integration des Regionalverbandes Kurhessen.
Das Angebot wurde mit viel Begeisterung aufgenommen. Gleichzeitig hat es die Grundlage gelegt für die seit Ende der Sommerferien geltende Schulpflicht für Kinder von Geflüchteten in sogenannten Intensivklassen – und eine neue Form der Hilfe: Schulbegleiterinnen wie Sarah Nawaya ermöglichen durch intensive Betreuung selbst Kindern mit Behinderungen den Besuch einer Bildungseinrichtung.
Kältehilfe, das ganze Jahr
Eigentlich wäre die Notunterkunft der Johanniter für Menschen ohne Obdach in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg über den Sommer ja geschlossen gewesen. „Wir wollten mit denen, die sonst im Winter in die Notunterkunft zum Schlafen kommen, auch während der Pandemie in Kontakt bleiben“, sagt Dietrich Heuer, Freiwilliger und Leiter der Notunterkunft. Geboren war die Idee des Freiwilligenprojektes „Kiezmahlzeit“, die Obdachlosen auch während der wärmeren Jahreszeit ein regelmäßiges Essen und einen Anlaufpunkt geboten hat. Täglich von 18 bis 20 Uhr gab es dort eine Mahlzeit, Getränke und einen Ort der Ruhe für bis zu 80 Menschen in Not.
Dafür brauchte es Freiwillige, ein Hygienekonzept und Unterstützung für die Mahlzeiten. Die kam unter anderem von einem Anbieter für Schulessen, der die Idee der Johanniter mit Essensspenden förderte. Ein Kiezladen ergänzte das mit frischem Salat oder Gemüse, eine Bäckerei war auch dabei. Was dann noch fehlte, finanzierte der Regionalverband Berlin mit Spendenmitteln und steuerte noch Schutzkleidung- und Desinfektionsmittel bei.
Für manche von ihnen, wie etwa Lucas André aus Brasilien, wurde die „Kiezmahlzeit“ ein Ankerpunkt: „Ein Schlafplatz, ein warmes Essen und eine warme Dusche – das ist die Basis für Menschlichkeit.“ Anfang November wurde für die Saison in der kalten Jahreshälfte aus der „Kiezmahlzeit“ der Johanniter wieder die Notunterkunft mit Schlafplatz. Dass es statt der früher verfügbaren 120 Betten derzeit nur noch 76 Schlafplätze gibt, ist der Pandemie geschuldet: Es braucht einfach mehr Abstand, um niemanden zu gefährden. Dennoch ist es den Johannitern wichtig, dass ihre Gäste nicht noch mehr Boden unter den Füßen verlieren. „Denn aktuell ist ihnen ohnehin schon einiges weggebrochen“, so Dietrich Heuer.