Bildung und Ausbildung
Digital, flexibel und inklusiv
Unser Angebot richten wir am Bedarf aus: Besonders gefragt sind flexible Zeiten und Online Schulungen, daher bieten wir unsere Kurse zur Ersten Hilfe, zum Brandschutz oder zur psychosozialen Unterstützung immer häufiger digital an: mobiloptimiert, berufsbegleitend und modular. Unsere pädagogische Betreuung ergänzen wir außerdem durch interaktive Selbsttests und Social-Learning-Räume, um den Lernenden individuelles Feedback und ein vielfältiges Lernumfeld zu bieten.
Wir wollen die Individualisierung von Lernprozessen vorantreiben, damit alle Menschen – unabhängig von Herkunft, Lebensrealität oder Vorwissen – Zugang zu wirksamer, praxisnaher Bildung erhalten.
Vom Kriegsflüchtling zum Lebensretter
Porträt Ahmad Alsaeed
2013 musste Ahmad Alsaeed vor dem Krieg in Syrien fliehen – heute rettet er Leben. Nach seiner Ankunft in Deutschland absolvierte er eine Ausbildung an der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland. Inzwischen besitzt er die deutsche Staatsbürgerschaft, lebt mit seiner Familie im sächsischen Torgau und arbeitet in der Johanniter-Rettungswache Belgern.
Eine ganz normale syrische Kindheit
Ahmad Alsaeed wird 1985 in Syrien geboren und wächst als eines von sechs Geschwistern südlich von Damaskus auf. Er ist ein guter Schüler, macht ein naturwissenschaftliches Abitur und schließt in Damaskus sein Studium der Betriebswirtschaft mit einem Bachelor ab. Das Gehalt seines Vaters reicht nicht für die achtköpfige Familie, schon als Kind muss Ahmad mit anpacken. Er hilft bei der Feldarbeit, erntet Oliven, Trauben und Äpfel. Auch im kleinen Restaurant des Vaters springt er als Kellner und Koch ein. „Eine ganz normale syrische Kindheit“, sagt Ahmad.
Während seines Studiums beginnt er, ehrenamtlich für UNICEF und den Roten Halbmond zu arbeiten. Er hilft geflüchteten Menschen aus dem Irak, insbesondere Kindern, die von der Hilfsorganisation psychologisch betreut werden. Dabei lernt er seine zukünftige Frau kennen. Zwei Jahre später heiratet das Paar.
Auf der Flucht nach Deutschland
Wie alle männlichen Syrer muss Ahmad den Pflichtmilitärdienst leisten. Als 2011 der Bürgerkrieg in seinem Heimatland ausbricht, erlebt er Grauenhaftes – darüber sprechen möchte er nicht. Nur eines ist ihm damals klar: „Schlimmer kann es nicht kommen.“ Er desertiert aus der Armee und flieht in den Libanon. Seine Ehefrau schlägt sich mit der kleinen Tochter zu ihm durch. Zwei Jahre lang schuftet er dort als Steinmetz, bis die kleine Familie genug Geld für die Schlepper gespart hat. Zusammen flüchten sie in die Türkei, von dort aus weiter mit einem Boot über das Mittelmeer.
In Etappen zu den Johannitern
Die nächsten Stationen: Italien, München, Berlin. Das Sozialamt schickt die Familie nach Chemnitz, von dort aus geht es über Schneeberg und Arzberg nach Torgau. 2015 beginnt Ahmad, Deutsch zu büffeln. Sein Sprachlehrer erzählt ihm von der Ausbildung zum Rettungssanitäter an der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland, die ein spezielles Programm zur Integration von Geflüchteten aufgelegt hat. Ahmed gibt sein Bestes, zwölf Monate später hält er sein Zeugnis in der Hand und kurz darauf den Arbeitsvertrag für die Johanniter-Rettungswache Torgau.
Am 1. März 2020 hat Ahmad seinen ersten Arbeitstag im Regionalverband Leipzig/Nordsachsen. Der sächsische Dialekt ist für den frisch gebackenen Rettungssanitäter anfangs eine Herausforderung, doch die Kolleginnen und Kollegen der Rettungswache Belgern nehmen ihn herzlich auf.
In Torgau angekommen
Der 40-jährige Vater von inzwischen drei Kindern, zwei davon in Deutschland geboren, ist überglücklich, dass der Krieg in Syrien endlich zu Ende ist. „Niemand von uns hat damit gerechnet“, sagt Ahmad. Aus seinem engsten Familienkreis haben alle überlebt, aber zwei Cousinen und ein Onkel gelten noch als verschollen. Seit 2024 besitzt Ahmad die deutsche Staatsbürgerschaft. Sein großer Traum? Bald einmal nach Syrien zu reisen, vielleicht schon im nächsten Jahr. Seine Zukunft sieht er weiterhin in Deutschland – in Torgau ist er mit seiner Familie angekommen.
Pionierarbeit in der digitalen Bildung
Sensible Themen stark vermittelt
Wie müssen Bildungsangebote aussehen, die zu unserer Arbeitsrealität passen? Lassen sich auch sensible Themen digital vermitteln? Mit diesen Fragen hat sich der Geschäftsbereich Bildung der Johanniter beschäftigt und ein Weiterbildungsformat mit Vorbildcharakter entwickelt.
Berufliche Bildung braucht neue Wege der Qualifizierung – flexibel, praxisnah und wirksam. Denn der Arbeitsalltag in helfenden und sozialen Berufen hat sich verändert. Er ist weniger planbar, stärker digitalisiert und oft emotional fordernd. Wer professionell agieren will, braucht Lernformate, die sich dem Leben der Menschen anpassen – nicht umgekehrt.
Genau hier setzte das Forschungsprojekt „LiSiL – Smarte Lernwelten im Sozialwesen“ an, das 2024 unter der Federführung des Geschäftsbereichs Bildung der Johanniter-Unfall-Hilfe erfolgreich abgeschlossen wurde. Ziel war es, digitale Bildungsformate zu entwickeln, die auch sensible Inhalte wie Kinderschutz oder Deeskalation einfühlsam und nachhaltig vermitteln können – ohne emotionale Überforderung.
Eine hybride Lernumgebung, die sich anpasst
Im Fokus stand dabei die Entwicklung einer adaptiven hybriden Lernumgebung, die Fach-, Sozial- und Selbstkompetenz gleichermaßen stärkt. Die Teilnehmenden lernen in ihrem eigenen Tempo und reflektieren reale Fälle. Dabei erhalten sie KI-gestütztes Feedback und tauschen sich in moderierten Online- und Präsenzphasen intensiv aus. So entsteht ein sicherer, tragfähiger Lernraum – auch bei schwierigen Themen.
„Unser Ziel war es, Fach- und Sozialkompetenzen gleichermaßen zu stärken – und das möglichst flexibel und bedarfsgerecht“, betont Ralf Sick, Geschäftsbereichsleiter Bildung der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Vorbild: Weiterbildung im Kinderschutz
Ein Beispiel hierfür ist die hybride Weiterbildung zur insoweit erfahrenen Fachkraft im Kinderschutz, die gemeinsam mit der TU Dresden, dem Institut für Angewandte Informatik (InfAI), der Lebenshilfe Dresden und der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland entwickelt wurde. Sie wird seit 2024 erfolgreich durchgeführt. Der erste Durchgang schloss mit einer Abschlussquote von 100 Prozent ab. Ein zweiter Kurs endet im August 2025, der nächste startet im Oktober.
Ariane Kromat, Referentin der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland, begleitet die Teilnehmenden durch den Lernprozess: „Es berührt mich immer wieder, wie mutig unsere Teilnehmenden sich in die Reflexion begeben. Diese Mischung aus Praxisnähe, digitaler Flexibilität und emotionaler Tiefe macht unsere Weiterbildung so besonders.“
Das Format gilt als Vorbild für andere sensible Einsatzgebiete wie den Rettungsdienst, den Katastrophenschutz oder die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) – also überall dort, wo belastbare Handlungskompetenz in komplexen Lagen gefragt ist.
Hybride Weiterbildung zur Fachkraft (§ 8a SGB VIII)
- Besonderheit: flexibel, fundiert, 100 % Abschlussquote
- Dauer: 10 Monate (Präsenz- und digitalen Phasen sowie Praxisaufträgen)
- Start: jährlich im Oktober an der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland
- Zielgruppe: päd. Fachkräfte, Leitungen, Fachkräfte, Fachbereichsleitungen
- Plattform: JUH Learn, unsere interne Social Learning Community (geprüfte Qualität)