johanniter.de

Long Covid Syndrom

Long Covid bezeichnet das Fortbestehen oder Neuauftreten von Symptomen nach einer akuten SARS-CoV-2-Infektion, die über die übliche (kurze) Krankheitsdauer hinaus andauern. Meist spricht man davon, wenn Beschwerden länger als 4 Wochen bestehen, während der Begriff Post-Covid-Syndrom vor allem für Symptome verwendet wird, die über 12 Wochen hinaus anhalten und nicht durch andere Ursachen erklärbar sind. Long Covid kann neben allgemeinen Beschwerden auch das Nervensystem und die Wirbelsäule betreffen. Typische Symptome für eine Nervenbeteiligung sind Kopfschmerzen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen („Brain Fog“) sowie Schwindel. Zusätzlich können neuropathische Schmerzen, Missempfindungen und Muskelschwächen auftreten. Viele Patientinnen und Patienten berichten außerdem über Rücken- und Gelenkschmerzen, die auf eine Beteiligung der Wirbelsäule hinweisen können. 

Typische Symptome für eine Nervenbeteiligung bei Long Covid

  • Kopfschmerzen
  • Konzentrations- und Gedächtnisstörungen („Brain Fog“)
  • Schwindel
  • neuropathische Schmerzen wie Missempfindungen und Muskelschwächen
  • Rücken- und Gelenkschmerzen

Um nur einige Symptome zu nennen.

Long Covid und Muskelschwäche

Long Covid kann mit anhaltender Muskelschwäche im Bereich des Rückens / der autochthonen Rückenmuskulatur einhergehen, was oft durch entzündliche Prozesse, längere Inaktivität oder eine Schädigung der Nerven erklärt wird. Die Beschwerden entstehen unter anderem durch eine verminderte Belastbarkeit der Muskulatur und eine gestörte Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln. Auf dem MRT der Wirbelsäule sieht man als Korrelat die typische fettige Degeneration der Muskulatur. Zur Diagnostik werden Anamnese, körperliche Untersuchung, Bildgebung und gegebenenfalls elektrophysiologische Tests herangezogen. 

Restorative Muskeltherapie

Die restorative Therapie umfasst gezieltes Kraft- und Stabilisationstraining der Rückenmuskulatur, physiotherapeutische Übungen und schrittweise Belastungssteigerung. Ergänzend können Schmerztherapie, Ergotherapie und patientenindividuelle Trainingsprogramme dazu beitragen, die Rückenmuskulatur zu regenerieren und die Lebensqualität zu verbessern.

Sollten konservative Ansätze scheitern, kann man auch aktivierende Generatoren und modernste Implantattechnik für restaurative Muskeltherapien einsetzen. Diese Geräte aktivieren die autochtone Rückenmuskulatur. Dabei werden die Muskeln durch kontrollierte, computergesteuerte Bewegungsimpulse stimuliert, die Reflexe und Muskelaktivität verbessern. Das System erkennt Schwächen oder Asymmetrien in der Muskulatur und passt die Reize individuell an, sodass geschwächte Muskelgruppen gezielt trainiert werden. Durch diese aktive, gezielte Stimulation wird die Muskelkraft wieder aufgebaut, die Stabilität der Wirbelsäule erhöht und die Bewegungskoordination verbessert. Die durch die Muskeldystrophie entstehenden Schmerzen im unteren Wirbelsäulenbereich werden deutlich gelindert. 

Long Covid Syndrom und Arachnopathien

Bisher gibt es keine gesicherten wissenschaftlichen Belege, dass eine Arachnoiditis direkt durch eine COVID-19-Infektion verursacht wird. Allerdings berichten schon jetzt einige Fallberichte und kleinere Fallserien über neurologische Komplikationen nach SARS-CoV-2, einschließlich entzündlicher Veränderungen des Rückenmarks und der Meningen. Eine Arachnoiditis ist eine chronische Entzündung der Spinnenhaut (Arachnoidea) um das Rückenmark, die normalerweise durch Operationen, Infektionen, Blutungen oder Injektionen ausgelöst wird. Hierbei kommt es in der chronischen Verlaufsform häufig zu chronischen Arachnopathien und Veränderungen der Liquorzirkulation. Starkes entzündliches Geschehen im Rahmen von Long Covid oder postinfektiösen Reaktionen kann die Meningen sehr direkt beeinflussen. Durch die Entzündung können Narbenbildungen und „Verklebungen“ entstehen, die Nerven in ihrer Funktion schädigen, Nervenwurzeln einengen und Schmerzen, Sensibilitätsstörungen oder Muskelschwächen verursachen. Im Falle von pathophysiologischen Fibrosierungen kann die fein aufeinander abgestimmte Liquorzirkulation und die Liquorrückresoprtion gestört werden, da der Liquor cerebrospinalis (CSF) nicht mehr frei um das Rückenmark und die Cauda Eqina Fasern innerhalb der spinalen arachnoidalen Grenzen fließen kann. Eine gestörte Liquorzirkulation kann zu lokal erhöhtem Liquordruck führen, was zusätzlichen Druck auf Nervengewebe ausübt und ebenfalls zu Symptomen führen kann. Chronische Störungen des Liquorflusses begünstigen die Bildung von Zysten, darunter z. B. auch die sogenannten perineuralen / oder Tarlovzysten, die mit Nervenwurzeln in Verbindung stehen. Tarlovzysten entstehen oft in Bereichen, in denen der Liquordruck erhöht oder die Meningen lokal verdickt und postentzündlich fibrosiert sind. Die Zysten selbst enstehen perineural im Nerv selbst, drängen die innerhalb des Nerven befindlichen „kleineren Nerveneinheiten / Faszikel von innen auseinander, „sprengen“ somit den Nerv von innen und können zudem auch noch die den zystischen Nerv umgebenden Nerven komprimieren und somit durch eine Vielzahl an Veränderungen sämtliche neurologische Symptome wie Schmerzen, Kribbeln oder Muskelschwäche, Blasenstörung, Störungen der Sexualfunktion, Stuhlkontinenzstörungen und so weiter verursachen (siehe Kapitel perineurale Zysten).

Eine Arachnoiditis und eine fibrotische Arachnopathie kann somit indirekt die Entstehung von perineuralen Zysten / Tarlovzysten fördern, indem sie die Liquorzirkulation behindert und Druckunterschiede erzeugt. Die Diagnose erfolgt meist durch ein MRT der Wirbelsäule, ergänzt durch klinische Untersuchung und ggf. Liquordruckmessung/ Liquordynamische Messung. 

Therapeutisch können wir durch unsere große Erfahrung in der konservativen und operativen Therapie von über 700 PatientIinnen und Patienten mit perineuralen Zysten entscheiden, welche der Therapieoptionen für Sie in Frage kommt. Hierbei steht eine große Auswahl zur Verfügung: entzündungshemmende Maßnahmen, Antineuropathika, interventionelle Schmerztherapie, physiotherapeutisches Training oder in ausgewählten Fällen chirurgische Interventionen 

Long Covid Syndrom und Sekundäre intrakranielle Hypertension 

Sollten nach einer Covid Infektion hartnäckige Kopfschmerzen auftreten, ist es ratsam, diese genauer abklären zu lassen. Insbesondere sollte man alarmiert sein, wenn parallel Sehstörungen, Ohrgeräusche oder Übelkeit auftreten. 

Es gibt Hinweise darauf, dass Long Covid mit einer sekundären intrakraniellen Hypertension (Erhöhung des Hirndrucks) in Zusammenhang stehen kann. Diese spezielle Form der erhöhten Hirndrucksituation unterscheidet sich von der (seltenen, aber gut bekannten) idiopathischen Form, da sie durch eine zugrunde liegende Erkrankung wie COVID-19 ausgelöst wird.

Mehrere Studien berichten von Patientinnen und Patienten, die nach einer COVID-19-Infektion Symptome einer erhöhten Hirndrucksituation entwickelten, darunter Kopfschmerzen, Sehstörungen und Übelkeit. In einigen Fällen wurde eine idiopathische intrakraniellen Hypertension (IIH) diagnostiziert, bei der der Liquordruck ohne erkennbare mechanische Blockade-Ursache erhöht ist, jedoch in Verbindung mit einer COVID-19-Infektion auftrat 

Die genauen Mechanismen, durch die COVID-19 zu einer erhöhten Hirndrucksituation führen kann, sind noch nicht vollständig verstanden. Es wird jedoch vermutet, dass entzündliche Prozesse im Bereich der Arachnoidea, Veränderungen im venösen Abfluss und eine letztlich gestörte Liquorzirkulation eine Rolle spielen könnten 

Die Diagnose erfolgt typischerweise durch eine Lumbalpunktion, bei der der Liquordruck gemessen wird, eine Liquordynamische Untersuchung, sowie durch bildgebende Verfahren wie MRT oder CT, um strukturelle Veränderungen auszuschließen. Die Behandlung richtet sich nach der Schwere der Symptome und kann medikamentöse Therapien, chirurgische Eingriffe oder nicht-invasive Verfahren umfassen, um den erhöhten Hirndruck zu kontrollieren und Komplikationen zu vermeiden.

Es ist wichtig, dass Patientinnen und Patienten mit Long Covid, die Symptome einer erhöhten Hirndrucksituation aufweisen, ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, um eine angemessene Diagnose und Behandlung zu erhalten.