Südsudan: Zahl der betreuten Geburten schrittweise verbessert
Berlin / Kangi, 03. November 2020
Im Jahr 2017 begannen die Johanniter den Bau einer Geburtenstation im südsudanesischen Dorf Kangi. Mit finanzieller Unterstützung der Schweizerischen Kommende des Johanniterordens wurde es ausgestattet und 2018 feierlich fertiggestellt, um Frauen eine bessere medizinische Versorgung zu ermöglichen. Der Grund: Jede siebte Schwangere läuft Gefahr, an schwangerschaftsbedingten Komplikationen im Südsudan zu sterben. Vielerorts fehlen Fachpersonal und funktionierende Gesundheitseinrichtungen.
Im September dieses Jahres wurde der erste Projektzyklus beendet und Bilanz gezogen. Seit 2017 konnten 589 Frauen bei ihrer stationären Entbindung professionell von vier ausgebildeten Hebammen und zwei traditionellen Geburtshelferinnen in Kangi unterstützt und betreut werden. Außerdem wurden 1763 Kinder geimpft, um sie vor vermeidbaren Krankheiten zu schützen. Auch die Anzahl der Frauen, die regelmäßig für Vorsorgeuntersuchungen in die Geburtenstation kommen, erhöhte sich im Laufe der letzten drei Jahre stetig. Diese sind unter anderem wichtig, um das Risiko von Geburtskomplikationen frühzeitig zu erkennen und die Mutter als auch das ungeborene Kind an das Wau Teaching Hospital zu überweisen.
Kleiner Schritt hin zum großen Ziel
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, das über 90 Prozent aller weltweiten Geburten betreut stattfinden sowie den Frauen und Kindern regelmäßige Vor- und Nachsorgedienste zur Verfügung stehen. „Doch davon sind wir leider noch weit entfernt“, resümiert Charles Okidi, Landesbüroleiter der Johanniter im Südsudan.
Die Gesundheitsstation von Kangi deckt ein weitläufiges Gebiet ab. Durch die fehlende Infrastruktur sind Distanzen von über fünf Kilometer bis zur Station für viele Frauen nicht zumutbar.
Anschlussprojekt für größere Reichweite
Hinzu kommen kulturelle Normen sowie mangelndes Wissen, die dafür mitverantwortlich sind, dass das Land seit Jahren eine der höchsten Müttersterblichkeitsraten weltweit verzeichnet. Mädchen werden früh verheiratet und schwanger, obwohl der Körper längst noch nicht dafür bereit ist. „Eine Verhaltensänderung und das Bewusstsein für eine gesunde Lebensweise benötigt viel Zeit und konstante Aufklärung“, so Okidi, der seit vier Jahren für die Johanniter im Südsudan tätig ist. Deshalb startete im Oktober ein achtmonatiges Anschlussprojekt. Gesundheitshelfende und gemeindebasierte Hebammen werden in den kommenden Monaten trainiert und motiviert, um die Vorteile betreuter Geburten zu vermitteln und Schwangeren auch in abgelegenen Regionen beiseite zu stehen.
"Es ist meine zehnte Schwangerschaft, und es ist das erste Mal, dass ich außer Haus entbinden werde."
Abuk Uchalla ist 30 Jahre alt. Sie hat zehn Kinder. Es ist das erste Mal, dass sie in der Geburtenstation entbindet. Früher hat sie zu Hause entbunden, weil es weit und breit um ihr Dorf Kayango (vier Stunden Fußmarsch vom Kangi entfernt) keine derartige Einrichtung gab.
Sie kam zuerst in die Einrichtung zur Voruntersuchung und wurde auf Anämie untersucht. Wenige Wochen vor der Geburt beschloss sie, nach Kangi umzuziehen, um bis zur Entbindung bei einem Verwandten zu bleiben. Ihr Mann blieb bis zum Vortag bei ihr in Kangi, musste aber nach Hause zurückkehren. Sie und ihr Mann vereinbarten, dass es ihr letztes Baby sein wird. Sie plant, an einer Familienberatung teilzunehmen, bei der das Gesundheitspersonal mit ihr Methoden der Familienplanung bespricht.
"Ich wünschte, dieser Dienst wäre auch für weitere abgelegene Orte im Südsudan zugänglich."
Adum Okelo ist 19 Jahre alt und sie ist zum ersten Mal schwanger. Ihr Mann ist Landwirt und baut Sorghum, Erdnüsse, Mais und Sesam an. Sie kommt zur Voruntersuchung in die Geburtenstation, von der sie erfuhr, weil immer wieder schwangere Frauen vor dem Krankenhaus versammelt waren. So beschloss sie herauszufinden, welche Dienste dort angeboten wurden. Sie freute sich sehr, dass die Untersuchungen kostenlos angeboten wurden. Zudem ersparte sie sich eine zweistündige Fahrt in die Stadt Wau, die sie sich vermutlich nicht hätte leisten können. Adum Okelo wünscht sich, dass dieser Dienst auch für abgelegene Dorfgemeinden zugänglich ist.