Ukraine: Nach der Staudammexplosion verschärft sich die humanitäre Lage

Nothilfe mit Wasser und Nahrung für lange Zeit notwendig. Johanniter unterstützen bei Aufräumarbeiten und der täglichen Versorgung.

Am 6. Juni explodierten Teile des Kachowka-Staudamms in der Ukraine. Millionen Liter Wasser ergossen sich über die Regionen entlang des Flusses Dnipro im Südosten des Landes. Vier Wochen später ist das Wasser größtenteils versickert und das ganze Ausmaß der Schäden wird sichtbar. „Überall zerstörte Häuser, Felder und Betriebe. Kein einziges Haus in den Flutgebieten ist verschont geblieben. Die humanitäre Lage verschärft sich dadurch enorm“, berichtet Olena Tanasiіchuk von der Johanniter-Partnerorganisation ELEOS. „Die Menschen haben ihre Arbeit, ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Wiederaufbauen können sie es in der andauernden Kriegssituation kaum. Zehntausende werden eine sehr lange Zeit weiter auf Hilfe mit alltäglichen Hilfsgütern angewiesen sein“, warnt sie.

Denn die von der Flut und Wasserknappheit betroffenen Gebiete waren die Kornkammer der Ukraine und damit auch wichtig für die Nahrungsmittellieferungen weltweit. Tausende hatten hier eine Arbeitsstelle als Landwirt oder bei der Weiterverarbeitung und Versendung der Ernte. Diese Jobs sind  auf Jahre unwiederbringlich verloren. Brunnen, Flüsse und das Grundwasser sind verseucht. Das verbleibende Wasser im Stausee reicht nicht aus, um Metropolen und Landwirtschaft langfristig zu versorgen. Neue Wasserleitungen zu legen, wird eine Mammutaufgabe.

Darüber hinaus haben die Menschen all ihre Haushaltsgegenstände verloren und können sich nicht mal mehr eine Mahlzeit zubereiten. „Waschmaschine, Herd, Kühlschrank, Geschirr, ein Bett oder Tisch, alles wurde durch das Wasser zerstört“, so Tanasiіchuk, Projektkoordinatorin bei ELEOS.

Wasserkrise bewältigen

Größtes Problem ist derzeit die Versorgung mit sauberem Wasser. Über eine Million Liter Trinkwasser haben die Johanniter-Partner deshalb in den letzten vier Wochen in Wassertanks oder Wasserflaschen verteilt. Wasserfilter helfen zudem dabei, verschmutztes Wasser wieder nutzbar zum Waschen und Kochen zu machen. „Wir warnen die Menschen davor, das verunreinigte Wasser zu trinken. Es kam bereits zu Infektionen und Durchfallerkrankungen“, sagt Tanasiichuk. Die Johanniter und ELEOS haben deshalb zwei Krankenhäuser in Cherson mit Medikamenten zur Behandlung von Durchfallerkrankungen und Hautinfektionen versorgt.

„Neben der Akuthilfe haben unsere Partner auch begonnen, längerfristig die Wasserversorgung für die Bevölkerung sicherzustellen“, sagt Florian Beck, Johanniter-Programmreferent für die Ukraine. „Erste Brunnenbohrungen in Tiefen, die nicht durch das verschmutzte Wasser verunreinigt wurden, konnten erfolgreich durchgeführt werden.“

Die Johanniter in der Ukraine

Die Johanniter sind seit Kriegsbeginn in der Ukraine tätig. Sie helfen Geflüchteten, Vertriebenen, Gebliebenen und Rückkehrern vor allem im Osten und Südosten der Ukraine. So werden gemeinsam mit den Partnern in 100 Städten und Dörfern landesweit monatlich rund 30.000 Menschen mit Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln unterstützt.